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Ein unglaublicher Abend


Das "Malandain Ballet Biarritz" in der Stadthalle

11.06.2009 (atn)
Eine einfach unglaubliche Darstellung bot das "Malandain Ballet Biarritz" am Mittwoch (10. Juni) in der Stadthalle. Die französische Tanzgruppe kam im Rahmen der Hessischen Theatertage 2009 nach Marburg.
Das "Malandain Ballet Biarritz" zeigte in der bis auf den letzten Platz gefüllten Stadthalle zwei Stücke: Auf das 30-minütige "Portrait de l'infante" folgte nach einer Pause das 35-minütige "L'Amour sorcier". Die Choreographie stammt bei beiden von Thierry Malandain.
Malandain war selbst lange Zeit Tänzer. 1986 beendete er seine erfolgreiche Karriere und gründete die Tanzcompagnie Biarritz.
Seine Arbeit als Choreograph hat im international hohe Anerkennung und etliche Auszeichnungen verschafft. Im Jahr 2008 wurde das von ihm gegründete Ballett in "Malandain Ballett Biarritz" umbenannt.
Die enorme Ausstrahlung von Malandains Choreographien wurde den Besuchern der Stadthalle gleich zu Beginn des ersten Stücks deutlich. In "Portrait de l'infante" wurde zu Musik von Maurice Ravel getanzt.
Auf der Bühne waren zunächst nur drei überlebensgroße Skulpturen von Manolo Valdés zu sehen. Sie stellten drei Frauen mit breiten Röcken und Kopfschmuck dar. Effektvoll wurden sie mit in die Struktur des Stücks eingeflochten.
Besonders beeindruckend waren Frederik Deberdt und Arnaud Mahouy in ihrer Darstellung von "Morgenständchen eines Hofnarrs". Dieser dritte Teil von "Portrait de l'infante" zeigte eine sehr lustige Seite des modernen Balletts.
"Morgenständchen eines Hofnarrs" setzt sich mit der Frage nach dem Selbst und dem inneren Kampf von Gleichem und Ungleichem auseinander. So lustig die Szene beginnt, so kämpferisch-dramatisch wird sie am Ende.
Die Machtspiele und Rafinessen in der Beziehung zwischen Mann und Frau wurden in "Fabel von einer Frau, die sich in einen Hund verwandelte" sehr künstlerisch und dennoch direkt Thema. Nathalie Verspecht und Cédric Godefroid zeigten in einem wunderbaren Tanz, wie Mann und Frau sich gegenseitig anziehen, sich anschleichen, anschmiegen, einander dominieren und tragen, sich aber auch wieder fallen lassen.
Die gesamte Compagnie trug in diesem Stück sehr leichte und unauffällige Bekleidung. Die Körper an sich wirkten sehr direkt. Es gab bei dem Stück nichts künstliches. Selbst künstliche Bewegungen wirkten natürlich, da sie doch das Innere des Menschen spiegelten.
Mit "L'Amour sorcier" wurden alle Besucher überrascht, die dachten, dass "Portrait de l'infante" nicht mehr steigerungsfähig sei. Die 35 Minuten "L'Amour sorcier" vergingen wie im Fluge.
Das Stück verzauberte gewissermaßen auch das Publikum. In der fantasievollen und ausdrucksstarken Choreographie passte einfach alles zusammen. Man konnte sich keiner Szene entziehen.
"L'Amour sorcier" spielte in der Welt der andalusischen Zigeuner. Auf der Bühne wehte ein schneidender Wind. Trockenes Laub wirbelte zwischen den Füßen der Tänzer. Die Männer und Frauen waren hier in streng voneinander getrennten Rollen zu sehen.
Die weiblichen Tänzer erschienen dabei leicht und geheimnissvoll. Der männliche Teil der Compagnie wurde im Laufe des Stücks immer kraftvoller, nachdem er von seinem anfänglichen Bann befreit worden war.
Malandain schuf mit "L'Amour sorcier" ein unvergessliches Stück, in dem alle Details ein wunderbares Ganzes ergeben. Hier wurden die Tänzer gleichsam zu Beschwörern des Lebens und der Liebe.
Die Musik von Manuel de Falla tat ihr Übriges zur Verzauberung des Publikums. Die Kostümierung von Véronique Murat war stärker mit in das Stück einbezogen als in "Portrait de l'infante".
Das "Malandain Ballet Biarritz" wurde vom Marburger Publikum lange, laut und ausgiebig gefeiert. Etwas so Eindrucksvolles in Marburg sehen zu können, war eine sehr bereichernde Erfahrung. An dieser Stelle muss den Organisatoren der Hessischen Theatertage 2009 für ihr Engagement gedankt werden, das es möglich gemacht hat, die französische Tanzcompagnie in die Stadthalle zu holen.
Anika Trebbin
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