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Interaktion in der Insektenforschung


Dufte Kooperation zwischen Marburg und Göttingen

09.06.2009 (ms)
Marburger und Göttinger Biologen können in den nächsten drei Jahren den Geruchssinn am Modell des rotbraunen Reismehlkäfers Tribolium castaneum erforschen. Am Montag (8. Juni) hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ihren Gemeinschaftsantrag bewilligt.
Die Fördersumme beträgt rund eine halbe Million Euro. Beteiligt an dem Projekt sind die Arbeitsgruppen des Entwicklungsbiologen Prof. Dr. Ernst A. Wimmer und des Forst-Zoologen Prof. Dr. Stefan Schütz von der Georg-August-Universität Göttingen sowie des Neurobiologen Prof. Dr. Joachim Schachtner von der Philipps-Universität.
Insekten gelten in den Neurowissenschaften als wichtige Modellsysteme. Sie tragen dazu bei, Gehirnfunktionen oder die Entwicklung des Nervensystems besser zu verstehen.
Der Geruchssinn - Olfaktorik genannt - spielt im gesamten Tierreich eine herausragende Rolle bei der Orientierung und Kommunikation. Das gilt zum Beispiel beim Auffinden von Nahrung oder Geschlechtspartnern sowie bei der Kommunikation innerhalb einzelner Arten.
Weil sich die olfaktorischen Systeme in der Tierwelt stark ähneln, haben sich einige Insekten als bedeutende Modellsysteme etabliert, an deren Beispiel man Funktion und Entwicklung des olfaktorischen Systems untersuchen kann. So hat sich gezeigt, dass die Art und Weise, wie Duftkomponenten wahrgenommen und im Gehirn dekodiert werden, bei Insekten und Wirbeltieren übereinstimmt. Beispielsweise gleichen die ersten olfaktorischen Verarbeitungszentren im Gehirn der meisten riechenden Tiere in ihrem Aufbau prinzipiell den paarigen Antenn-Alloben der Insekten.
Sie verfügen über olfaktorische Glomeruli. Das sind kugelige Strukturen, in denen die synaptische Verschaltung zwischen den Fortsätzen der olfaktorischen Rezeptor-Neurone und den Nervenzellen des zentralen Gehirns stattfindet.
Je nach Spezies variiert die Anzahl der Glomeruli ebenso wie die Anzahl der olfaktorischen Rezeptor-Neurone und der zentralen Neurone, die in den Glomeruli miteinander interagieren.
Die Marburger und Göttinger Forscher konzentrieren sich auf Tribolium, weil der Käfer neben der Fruchtfliege Drosophila dasjenige Insekt mit dem besten Modellcharakter ist. "In dem bewilligten Projekt kombinieren wir unterschiedliche Ansätze wie Genetik, Neurobiologie und –anatomie", erklärte Wimmer. Dank seiner kürzlich publizierten vollen Genomsequenz, seiner Langlebigkeit und seiner geringen Ansprüche an die Haltungsbedingungen sei Tribolium ein großartiges System für die Arbeit im Labor.
"So können wir unter optimalen Bedingungen die Korrelation von Duftstoffen zu Duftstoff-Bindeproteinen und von diesen zu Geruchsrezeptoren studieren", ergänzte Schachtner. Der Fokus liege dabei auf der biologischen Funktion der Duftstoff-Bindeproteine, die bisher wenig untersucht ist, obwohl diese Eiweißstoffe an der Geruchswahrnehmung beteiligt sind.
Insekten stellen mit etwa einer Million bekannter Arten die vielfältigste Tiergruppe der Erde dar. Sie sind ein hochspezialisierter, grundlegender Bestandteil des Öko-Systems. Zum Beispiel dienen sie als Nahrungsgrundlage für viele Tiere und als Bestäuber von Blüten.
Andererseits sind Insekten herausragende Nahrungs-Konkurrenten des Menschen. Sie übertragen vielfältige Krankheiten wie Gelbfieber, Malaria und die Schlafkrankheit. Tribolium castaneum ist beispielsweise ein weltweit gefürchteter Schädling gelagerten Getreides.
Um den aktuellen Herausforderungen durch die Insekten gerecht zu werden, sind sowohl angewandte als auch Grundlagenforschung von außerordentlicher Bedeutung, die sich mit dieser Tiergruppe beschäftigen. "Letztendlich zielen Arbeiten in diesem Bereich auch auf die Entwicklung von Strategien, die Verbreitung dieser Schad-Insekten einzudämmen", begründen die Wissenschaftler ihren Förderantrag.
Das Kooperationsprojekt ist Teil des DFG-Schwerpunktprogramms "Integrative Analysis of Olfaction", das insgesamt 16 Teilprojekte umfasst und von der Universität Konstanz aus koordiniert wird. Das Programm soll ein Fundament für neue wissenschaftliche Netzwerke und den Dialog über die Fächergrenzen hinweg schaffen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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