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Eine Welt für Alle


Vortrag zur Rolle von IWF und Weltbank

04.06.2009 (atn)
Über die Aufgaben und Wirkungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank bei der Entwicklungszusammenarbeit referierte Alexis Passadakis von Attac am Mittwoch (3. Juni) im Marburger Weltladen. Der Vortrag fand im Rahmen der aktuellen Veranstaltungsreihe des Vereins "Initiative Solidarische Welt" mit dem Titel "Entwicklungszusammenarbeit - Erfolgreiche Strategie(n) zur Armutsbekämpfung?" statt.
Passadakis ist Politikwissenschaftler. Er arbeitet vor allem zu den Themen Privatisierung und Welthandel. Er ist derzeit aktiv in der Stromkonzern-Kampagne von Attac und in der Vorbereitung für das diesjährige Klima-Camp in Hamburg.
Im Laufe des Vortrags wurde deutlich, dass Passadakis im Sinne der Attac-Philosophie "Eine andere Welt ist möglich" denkt. Wahrscheinlich weiß er auch ebenso viel, wie er denkt.
Den IWF und die Weltbank stellte er nach einem kurzen geschichtlichen Abriss der Entstehung beider Institutionen als bestenfalls funktionslose Hüllen einer vergangenen Zeit dar. Vor allem der IWF vergab in den Hochzeiten des Kalten Krieges großzügige Kredite in die Entwicklungs- und Schwellenländer, die bereit waren, ihr Fähnlein in den antikommunistischen Wind zu hängen.
In den 80er und frühen 90er Jahren gerieten fast alle dieser Länder in die Zahlungsunfähigkeit. Das nutzten die westlich dominierten Bretton-Woods-Institutionen, um dort Strukturanpassungsmaßnahmen durchzusetzen. Dieses "structural alignment" bedeutete vor allem Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung. Passadakis verdeutlichte die Folgen für die Gesellschaften dieser Länder mit dem Ausdruck der Wende vom Wohlfahrtsstaat für Bürger zum Wohlfahrtsstaat für Unternehmen.
Heute werden zunehmend andere Staaten als Geldverleiher aktiv. Das sind etwa China, Saudi Arabien oder Argentinien.
Doch auch der IWF wurde erst vor kurzem wieder aufgestockt, vor allem von Seiten der G8-Staaten. Länder, die sich aus diesem frisch gefüllten Topf bedienen wollen, müssen sich allerdings im Inneren mit wenig populären Maßnahmen wie Sozialabbau, der Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen und Lohnsenkungen beschäftigen.
Der Referent lies an IWF und Weltbank - wenn überhaupt - nur einige wenige und sehr schüttere gute Haare. Hauptsächlich, so resümmierte er, seien sie ein Instrument, um von jedem Dollar sogenannter Entwicklungshilfe drei Dollar wieder in den Norden umzulenken und diesen Geldstrom aufrecht zu erhalten.
Passadakis rief schließlich aber nicht zur Resignation, sondern zur "solidarischen Transformation" auf. Ein alternatives Konzept zur Dominanz des Dollars als "Weltgeld" und damit zu permanent instabilen Wechselkursen wäre zum Beispiel eine unabhängige "Weltwährung" als Bezugsgröße.
Diese Idee hatte der Vater des Keynesianismus, der britische Ökonom John Maynard Keynes, bereits in den 50er Jahren, um eine ökonomische Übermacht der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zu verhindern. Ein weiteres Muss bei der Umgestaltung der Weltwirtschaft ist laut Passadakis eine stärkere Rolle des Staates als Gegengewicht zu den immer größer und einflussreicher werdenden transnationalen Unternehmen.
Trotz aller Krisen - so merkte ein Besucher des Weltladens an - sei es doch erstaunlich, wie wenig die Umwälzungen, die sich jenseits des Ökonomischen abspielen, in der öffentlichen Diskussion stünden und wie wenig sozialer Widerstand sich rege. Ist es ein fehlender solidarischer Zusammenhalt, ein fehlendes Bewusstsein für das "wir" durch einen zu starken Rückzug in private "heile Welten"?
Darauf zumindest wollte und konnte Passadakis keine Antwort geben.
Anika Trebbin
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