21.05.2009 (fjh)
"Wenn ich vor 60 Jahren vorhergesagt hätte, dass die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich heute vollkommen offen ist, hätte man mich für einen Spinner gehalten." Mit diesen Worten begann Daniel Cohn-Bendit am Mittwoch (20. Mai) auf dem Marburger Marktplatz seine Darstellung grüner Positionen zur Europa-Wahl am Sonntag (7. Juni).
Der Spitzenkandidat der französischen Grünen redete zum Auftakt des Wahlkampfs vor dem Renaissance-Rathaus. In seiner Rede beschrieb der einstige Studentenführer die Entwicklung Europas vom Ersten und Zweiten Weltkrieg und der damaligen Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland hin zur friedlichen Koexistenz der einstigen "Erbfeinde" innerhalb der Europäischen Union (EU).
Auch wenn man an konkreten Regelungen der EU zu Recht Kritik üben könne, sei die Gemeinschaft dennoch eine Errungenschaft für den Frieden in Europa. Zudem neige jede Verwaltung zur Bürokratisierung und Überregulation, meinte Cohn-Bendit. Das sei keine Spezialität allein der EU.
Aus der friedlichen Entwicklung Europas aufgrund des Zusammenschlusses in der EU leitete der Grünen-Politiker zum Einen die Forderung nach einem Beitritt der Türkei zur EU ab. Die Urheber dieser Planung seien Konrad Adenauer und Charles De Gaulle gewesen, rief Cohn-Bendit den Anwesenden ins Gedächtnis. sie hätten schon damals gewusst, dass in der Türke Muslime leben. Für sie sei das jedoch kein Hinderungsgrund gewesen.
Als noch weitergehende zweite Forderung schlug Cohn-Bendit eine "privilegierte Partnerschaft" der EU mit Israel und Palästina vor. Davon erhoffe er sich einen Frieden im Nahen Osten, erklärte er zur Begründung. Auch wenn diese Forderung heute unrealistisch klinge, könne sie in 50 Jahren vielleicht genauso Wirklichkeit werden wie zwischenzeitlich die Aufhebung der Grenzen zwischen den einst verfeindeten Nachbarn diesseits und jenseits vom Rhein.
Franz-Josef Hanke
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