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Beratung als Bevormundung


Bündnis kündigt Demo gegen evangelikalen Kongress an

12.05.2009 (ms)
Eine Demonstration gegen den 6. Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge hat das Bündnis "Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus" am Dienstag (12. Mai) angekündigt. Die evangelikale Tagung findet von Mittwoch (20. Mai) bis Sonntag (24. Mai) in Räumen der Philipps-Universität und der Stadt Marburg statt.
Das Programm des Kongresses und insbesondere die Teilnahme von Referenten, die die "Heilung von Homosexualität" propagieren, haben zu vielfacher Kritik und einer breiten medialen Debatte geführt. In Reaktion auf den Kongress hat sich auch das Bündnis gebildet. Es ruft zu einer Demonstration am Donnerstag (21. Mai) auf um gegen den Kongress zu protestieren. Startpunkt ist um 10.30 Uhr am Hauptbahnhof.
Im Vorfeld des Kongresses lädt das Bündnis darüber hinaus zu einem Vortrag von Sarah Diehl mit anschließender Filmvorführung ein. Titel des Vortrags, der am Donnerstag (14. Mai) um 19 Uhr in der Gaststätte Havanna 8 am Lahntor stattfindet, ist "Die Frau hat sich zur Giftmörderin ihres Kindes gemacht – Die politischen Strategien der christlichen Anti-Abtreibungs-Szene“.
Als Sprecherin des Bündnisses erklärte Nora Nebenberg dazu: "Uns ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass nicht nur zwei bis vier der angekündigten Seminare in einem wissenschaftlichen Rahmen untragbar sind. Homophobie ist nur ein Kritikpunkt von vielen. Religiös-fundamentalistischen Positionen sollten grundsätzlich keine öffentlichen Räume zur Verfügung gestellt werden." Als besonders problematisch bezeichnet das Bündnis das angekündigte Seminar "Abtreibung als Trauma - das Post-Abortion- Syndrom" unter Leitung von Angelika Pokropp-Hippen. "Die Positionen von Frau Pokropp-Hippen sind ethisch, wissenschaftlich und politisch untragbar", meinte Nebenberg. "Dass sie von der Akademie für Seelsorge und Psychotherapie, der Stadt Marburg und der Philipps-Universität als wissenschaftlicher Beitrag anerkannt werden, ist ein Skandal. Wir sehen im Therapie-Programm Frau Pokropp-Hippens einen Akt der Gewalt gegen hilfesuchende Frauen. Die ärztliche Autorität wird benutzt, um den Willen der Patientinnen zu brechen."
Dieses Vorgehen verstoße gegen die ärztliche Berufsethik. In seiner Pathologisierung von Wünschen, die den Forderungen der Therapeutin widersprechen, zeige es deutlich totalitäre Tendenzen.
"Wir fordern erneut, einer solchen Veranstaltung die städtische und universitäre Unterstützung zu entziehen“, fasste Nebenberg die Positionen des Bündnisses bezüglich des Seminars zusammen.
Pokropp-Hippen ist Ärztin und Therapeutin in Münster. Sie gehört der christlichen Anti-Abtreibungs-Bewegung an.
Über Frauen, die sich aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft zu einem Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, schreibe sie "in herabwürdigender und sensationslüsterner Art". Schwangerschaftsabbrüche bezeichne sie als "aggressiven Akt des Tötens", durch den die Frau sich "zur Giftmörderin ihres Kindes" mache.
Eine Heilung von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben, ist für sie nur möglich durch ein Schuldeingeständnis vor Gott: "Heilung und Versöhnung durch und mit Gott ist die tiefste Ebene, welche bei vielen Betroffenen auf Grund eines mangelnden religiösen Bewusstseins oft nicht oder nur schwer möglich ist."
Innerhalb der christlichen Anti-Abtreibungs-Szene tritt sie als "Expertin" für das "Post-Abortion-Syndrome" (PAS) auf. Bei dem PAS handelt es sich um eine angebliche posttraumatische Störung nach einem Schwangerschaftsabbruch. Die Existenz dieses Syndroms ist nach Angabe Nebenbergs wissenschaftlich nicht belegt.
In medizinischen und psychologischen Diagnose-Schemata ist dieses Syndrom nicht aufgeführt. Eine Studie der "American Psychological Association" kommt zu dem Schluss, dass zwischen einem durchgeführten Schwangerschaftsabbruch und auftretenden Depressionen kein beobachtbarer Zusammenhang besteht. Dennoch wird das Syndrom in politischen Auseinandersetzungen angeführt, um ein konsequentes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zu fordern.
"Das erfundene Post-Abortion-Syndrom zeigt, mit welch abstrusen Methoden die Anti-Abtreibungs-Szene Frauen unter Druck setzt", erklärte Nebenberg. Das Konstrukt stehe exemplarisch für die Ausrichtung des gesamten Kongresses.
Statt einer unterstützenden ergebnisoffenen Beratung propagierten die Referenten Methoden, die Patienten ein religiös-fundamentalistisches Weltbild aufnötigten und ein massives Schuldgefühl einredeten. Das Ergebnis der Beratung stehe dabei von vornherein fest.
Das Bündnis sprach sich dafür aus, Frauen, die aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft Beratung suchen, in angemessener, ergebnisoffener Form zu helfen. Dazu zähle die Erleichterung einer individuellen Entscheidung durch die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und die Minderung sozialer und ökonomischer Risiken, die für Frauen von einer Schwangerschaft weiterhin ausgehen.
pm: Bündnis" Kein Raum für Homophobie"
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