06.05.2009 (fjh)
Mit Fassungslosigkeit und Entsetzen reagieren die Marburger Grünen darauf, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende Philipp Stompfe eine Erklärung unterschrieben hat, die homosexuellen Menschen ein "erhebliches gesundheitliches und psychisches Risiko" attestiert. Ferner weise die von Stompfe unterzeichnete Erklärung auf ein angeblich höheres Risiko von Homosexuellen für AIDS, Geschlechtskrankheiten und Suizid hin.
Darüber hinaus fänden sich "noch weitere monströse Thesen" in der im Internet verbreiteten Erklärung, die mit "Für Freiheit und Selbstbestimmung - gegen totalitäre Bestrebungen der Lesben- und Schwulenverbände" überschrieben ist. So heißt es etwa darin: "Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, birgt praktizierte Homosexualität ein erhebliches gesundheitliches und psychisches Risiko. Dazu zählen überdurchschnittliche Anfälligkeit für AIDS,
Geschlechtskrankheiten, Depression, Ängste, Substanzen-Missbrauch (Alkohol-, Medikamente und Drogen) und Suizidgefährdung. Das müsste Grund genug sein, jenen, die sich kritisch mit Fragen homosexueller Lebensweisen befassen wollen oder therapeutische Hilfe suchen, diese Möglichkeit auch anzubieten."
Nach der Online-Erklärung ist es "ein Widerspruch, wenn durch die Gender-Mainstreaming-Bewegung propagiert wird, der Mensch könne und solle sein Geschlecht und seine sexuelle Orientierung (homo-, bi- oder transsexuell) frei wählen, andererseits aber die Möglichkeit zur Veränderung von der Homosexualität zur Heterosexualität geleugnet wird und konkrete therapeutische Angebote für Menschen, die eben dies anstreben, unterdrückt werden."
Prof. Dr. Robert Spitzer von der Columbia Universität und die in der Organisation "NARTH" vertretenen Therapeuten bezeugen nach Auffassung der Unterzeichner der Online-Petition mit ihrer Arbeit, dass Veränderung einer homosexuellen Neigung möglich sei. Niemand wolle einen Menschen zu einem solchen therapeutischen Weg drängen.
"Dass aber die Lesben- und Schwulenverbände die Möglichkeit eines solchen Therapie-Angebots, ja sogar die wissenschaftliche Information und Auseinandersetzung unterdrücken wollen, ist eine Missachtung der Wissenschaftsfreiheit, der Meinungsfreiheit, des Leidens der betroffenen Menschen und ihres Rechts auf Selbstbestimmung", heißt es da weiter. "Dies darf in einem freiheitlichen Staat nicht hingenommen werden!"
Den Kritikern des "6. Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge" liest die Petition ganz heftig die Leviten: "Die Lesben- und Schwulenverbände setzen ihre partikularen Interessen mit persönlichem und öffentlichem Druck, medialem Mobbing und Verleumdung durch. Mit einem deformierten Begriff der Menschenrechte wird versucht, die kritische Untersuchung der Risiken und Folgen praktizierter Homosexualität für den Einzelnen und die Gesellschaft als Homophobie und Hassrede zu kriminalisieren. Diese Fragestellungen sind aber weder von Intoleranz, noch neurotischer Angst oder gar von Hass geleitet, sondern von Verantwortung für die junge Generation und Sorge um die Zukunft der Gesellschaft."
Mit der Unterschrift unter diese Erklärung namens der CDU-Fraktion im Stadtparlament hat sich die Marburger CDU nach Meinung der Grünen von dem toleranten Leitbild verabschiedet, dem sich noch Dietrich Möller (CDU) als Oberbürgermeister verpflichtet fühlte. Homosexualität werde als behandlungswürdige Krankheit eingestuft.
Stompfe zeige sich völlig unbeeindruckt davon, dass es zwischenzeitlich viele Personen des öffentlichen Lebens – auch Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker aus der CDU - gibt, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen. Sie haben dazu beigetragen, dass Menschen heute freier von Repressionen als früher entsprechend ihrer sexuellen Orientierung leben können.
Gerade in Marburg sei diese Einschätzung bislang über alle Parteigrenzen der im Stadtparlament vertretenen Fraktionen hinweg respektiert und gefördert worden. Diesen Konsens breche Stompfe nun auf, indem er sich für die Marburger CDU eine Erklärung zu eigen macht, die anderen Menschen eine Therapie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nahelege und dabei
selbst die Warnungen der jetzigen Bundesregierung vor solchen "Therapien" ignoriere.
Die Bundesregierung hat am 12. Februar 2008 in der Bundestags-Drucksache 16/8022) in aller Deutlichkeit dazu festgehalten: "Die Bundesregierung vertritt weder die Auffassung, dass Homosexualität einer Therapie bedarf, noch dass Homosexualität einer Therapie zugänglich ist."
Homosexualität wird seit über 20 Jahren von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler aus Psychiatrie, Psychotherapie und Psychologie nicht als psychische Erkrankung angesehen. Dementsprechend wurde die Homosexualität bereits im Jahre 1974 von der amerikanischen Psychiater-Vereinigung (APA) aus ihrem Diagnose-Klassifikationssystem "Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen" (DSM) und im Jahre 1992 aus dem Diagnose-Katalog der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) gestrichen.
Die vor allem in den 60er und 70er Jahren häufig angebotenen sogenannten "Konversions"- oder "Reparations"-Therapien, die auf eine Änderung von gleichgeschlechtlichem Sexualverhalten oder der homosexuellen Orientierung abzielten, werden heute in der Fachwelt weitestgehend abgelehnt. Diese Haltung gründet sich nach Angaben der Bundesregierung auf die Ergebnisse neuerer wissenschaftlicher Untersuchungen, nach denen bei der Mehrzahl der so therapierten Personen negative und schädliche Effekte (zum Beispiel Ängste, soziale Isolation, Depressionen bis hin zu Suizidalität) auftraten und die versprochenen Aussichten auf "Heilung" enttäuscht wurden.
Die Marburger GRÜNEN fordern eine klare Distanzierung der Marburger CDU und der CDU-Fraktion von den ihrer Ansicht nach "unhaltbaren, Ressentiment schürenden und intoleranten Positionen des Fraktionsvorsitzenden Philipp Stompfe".
pm: Die Grünen Marburg
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