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Der Hässliche


Dem Schönheits-Wahn den Spiegel vorgehalten

17.02.2008 (fjh)
Elemente von Slapstick und Comedy besaß Uta Eisolds Inszenierung von "Der Hässliche". Die Premiere der Komödie von Marius von Mayenburg fand am Samstag (16. Februar) im Rahmen des Projekts "2CK" in der neuen Malerwerkstatt des Hessischen Landestheaters statt. An diesem Abendzeigte das Landestheater gleich vier zeitgenössische Theaterstücke von erfolgreichen Jung-Autoren.
"Der Hässliche" hat diesem Projekt zu seinem Namen verholfen. Hauptfigur Lette hat nämlich einen neuen Stecker namens "2CK" entwickelt. Bei einem Fachkongress präsentieren darf diese Erfindung jedoch sein Mitarbeiter Karlmann. Erst nach bohrendem Drängen des Entwicklers rückt sein Chef Scheffler mit der Begründung heraus: Lette ist abgrundtief hässlich!
Mit diesem Gesicht könne Lette den Stecker nicht verkaufen, meint Scheffler. Deswegen solle Karlmann fahren. Aber eigentlich müsse er doch längst wissen, dass seine Gesichtszüge absolut hässlich sind, wundert sich der Chef.
Lette fragt seine Frau. Nach hartnäckigem Drängen gesteht sie ihm, dass sein Gesicht furchtbar hässlich sei. Sie liebe ihn trotzdem, denn für sie zählten seine inneren Werte.
An sein hässliches Gesicht habe sie sich inzwischen gewöhnt. Tatsächlich blickt sie ihm aber nie voll ins Gesicht, sondern immer nur in eins seiner Augen.
Lette ist erschüttert. Er sucht eine Koryphäe für Plastische Chirurgie auf. Doch der Chirurg lehnt die erfragte Gesichtsoperation ab: "Ich bin ein Künstler. Ich sehe in jedem Gesicht das Potential, das ich herausarbeiten kann." Doch in Lettes Gesicht sehe er keinerlei Potential.
Schließlich überredet Lette den Schönheits-Chirurgen doch noch. Auf seine Frage, was denn geschehe, wenn die Operation fehlschlüge und er hinterher noch hässlicher aussehe als vorher, beruhigt ihn der Arzt: Das sei schier unmöglich!
Zu aller Erstaunen kommt bei der Operation aber ein wunderschönes Gesicht heraus. Nun darf Lette doch noch zu der Tagung fahren.
Dort lernt ihn die Direktorin eines großen Energie-Konzerns kennen. Sie nimmt ihn mit auf ihr Zimmer. Seine ablehnende Begründung, er habe doch eine Ehefrau, lässt sie nicht gelten: "Ein so schönes Gesicht darf nicht nur einer einzigen Frau vorbehalten bleiben!"
Der Schönheits-Chirurg bittet Lette, als Demonstrationsobjekt zu einem wissenschaftlichen Kongress mitzukommen. Er zahlt viel Geld, damit Lette mitmacht.
Eines Tages begegnet Lettes Frau im Park einem Mann. Er trägt das gleiche Gesicht wie Lette. Dessen Beschwerden bei dem Chirurgen gegen die Vervielfältigung seines Gesichts fruchten indes nicht, denn der Operateur "kann nur das Eine!"
Spritzig und voller Gags hat Uta Eisold diese Geschichte über den Schönheits-Wahn und den oberflächlichen Blick auf Äußerlichkeiten inszeniert. Auf amüsante Weise stellt die Komödie die Frage nach dem Wert eines Menschen, seiner unvergleichlichen Persönlichkeit und der Austauschbarkeit in einer vom Geld-Wert geprägten Welt.
Anfangs wirkte das 2007 in Berlin uraufgeführte Stück noch eher wie eine platte Comedy. Doch im weiteren Verlauf der Geschichte taten sich dann die Ab- und Hintergründe der immer groteskeren Handlung auf. Sie hielt der Sucht vieler Menschen nach einem beschönigenden Spiegel einen zerrfreien Spiegel entgegen.
Vier Darsteller brachten die Handlung in der Malwerkstatt kurzweilig auf die Bühne. Matthias Zeeb mimte den hässlichen Lette so überzeugend, dass er nach der Gesichtsoperation trotz unverändertem Äußeren plötzlich viel schöner wirkte.
Franziska Endres hatte alle Frauen-Rollen übernommen. In die Rolle der Ehefrau von Lette schlüpfte sie ebenso überzeugend wie in die der alten Direktorin Fanny im teuren Pelzmantel oder die Rolle einer Arzthelferin im weißen Kittel.
Als Lettes Assistent Karlmann sowie als Sohn der reichen alten Dame trat Florian Federl in Erscheinung. Lettes Chef Scheffler und den Chirurgen stellte Bastian Michael dar.
Alle vier Schauspieler zeigten dabei nicht nur darstellerisches Können. Mit beinahe schon akrobatischen Einlagen und fast schon pantomimischem Spiel untermalten sie die kurzweilige Handlung sehr anschaulich.
Lediglich die Geräusche während der gesichtschirurgischen Operation, die ein Mitspieler mit dem Mund erzeugte, wirkten kindisch überzogen. Doch viele Zuschauer lachten auch hier voller Freude.
Insgesamt ist "der Hässliche" in der gelungenen Inszenierung des Hessischen Landestheaters sicherlich eine Empfehlung für die Bühne, zumal das witzige und zugleich hintergründige Stück bestimmt auch junge Leute ins Theater locken könnte. Das Premierenpublikum jedenfalls quittierte die amüsante Aufführung am Samstagabend mit begeistertem Applaus.
Franz-Josef Hanke
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