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Drohbriefe vom KJC


Wie die Furcht vor dem Fallmanager Menschen peinigt

17.01.2009 (fjh)
"Immer, wenn ich einen >Umschlag vom KJC im Briefkasten finde, bekomme ich Herzflattern“, berichtet Miriam K. aufgewühlt. Die 34-jährige Pädagogin arbeitet freiberuflich in der Erwachsenenbildung. Nur in denjenigen Monaten, wo sie keine Kurse bekommt, ist sie auf Leistungen vom KreisJobCenter (KJC) angewiesen.
Doch dann gerät die Abrechnung für die junge Frau mitunter zur Qual. Sobald das Honorar auf ihrem Konto eingegangen ist, informiert sie das KJC. Die Bescheide der Behörde sind ihr dann mitunter aber ausgesprochen unverständlich.
"Im Januar soll ich von 1.000 Euro Honorar 784 Euro zurückzahlen“, berichtet sie. "Übrig blieben mir danach für Miete und Lebensunterhalt ganze 216 Euro! Wie soll ich davon leben?“
Wegen der geringen Höhe ihrer Honorare ist es der jungen Frau bislang nicht möglich gewesen, größere Beträge anzusparen. "Wenn ich mal ein paar Euro mehr einnehme, muss ich ja erst das zurückzahlen, was ich vom KJC bekommen habe“, erläutert sie. "Was dann übrig bleibt, reicht hier und da mal für neue Klamotten, Bücher oder andere kleine Anschaffungen.“
Was die "Aufstockerin“ besonders wurmt, ist der unfreundliche Tonfall der Bescheide des KJC. "In der Rechtsbehelfsbelehrung wird immer gleich gedroht, als wäre ich eine Schwerverbrecherin. Das macht mir richtig Angst.“
Zudem sind die Bescheide häufig so formuliert, als hätten sie mit Miriam K. nichts zu tun. So heißt es dort beispielsweise, dass die berechnungen "für folgende Personen in Ihrer Bedarfsgemeinschaft“ gelten, obwohl Miriam K. alleinstehend ist.
"Jedesmal, wenn ich wieder ein Honorar erhalten und beim KJC gemeldet habe, bekomme ich von dort zur Belohnung einen Drohbrief“, beklagt sie sich. "Ich hätte viel weniger Stress, wenn ich mich auf dem Arbeitslosengeld II ausruhen und die Hände in den Schoß legen würde.“
Auf eine entsprechende Rückmeldung wegen der Berechnung der Rückzahlung hat der zuständige Fallmanager beim KJC innerhalb nur eines Tags mit der Antwort reagiert, die Berechnungen seien richtig gewesen. Die Leistungsempfängerinhabe keine Gründe vorgebracht, die deren Richtigkeit widerlegen könnten.
Miriam K. hat den Eindruck, dass er ihre Antwort zwar gesehen, aber nicht gelesen hat. "Man behandelt mich hier wie den letzten Dreck“, findet sie. "Vom Schutz der Menschenwürde kann keine Rede sein.“
Immer mehr Menschen klagen mittlerweile gegen Bescheide über das Arbeitslosengeld II (ALG II). Waren es im Jahr 2007 noch rund 99.000 Verfahren vor deutschen Sozialgerichten, so wurden bis November 2008 bundesweit bereits mehr als 120.000 Gerichtsverfahren wegen falscher Bescheide angestrengt. Etwa der Hälfte dieser Klagen geben die Gerichte statt.
"Hartz IV ist eine menschenverachtende Politik“, resümiert Miriam K. aufgebracht. "Wenn ich die Ignoranz und Unfähigkeit mancher Fallmanager sehe, dann kann ich das Grundgesetz nicht mehr wirklich ernst nehmen.“
Franz-Josef Hanke
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