Logo: marburgnewsMobile Marburgnews

Zum Menü

Steuern


Nach Mehreinnahmen erbitterter Streit über Sparpolitik

29.11.2016 (fjh)
Völlig vergiftet ist das Klima in der Marburger Kommunalpolitik seit Bekanntwerden zusätzlicher Einnahmen von 25 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer für 2016. Diesmal war es das Pharmaunternehmen CSL Behring, das in den letzten Jahren zuwenig Gewerbesteuer entrichtet hatte und jetzt die Summe nachzahlen musste. Genau gegenteilig verhielt es sich im vorangegangenen Jahr mit der Gewerbesteuer des Pharma-Unternehmens GSK, das - vermutlich vorsätzlich - zu hohe Steuern vorausbezahlt hatte, die die Universitätsstadt Marburg dann üppig verzinst zurückzahlen müssen.
Die Grünen empören sich nun über Rücktrittsforderungen an Bürgermeister Dr. Franz Kahle wegen entgangener Landesmittel für die Sanierung der Weidenhäuser Brücke, worauf er bei der Streichung des Bauvorhabens in der Stadtverordnetenversammlung (StVV) hingewiesen hatte. Die Linke fordert den Verzicht auf die dort beschlossenen Gebührenerhöhungen für die Kinderbetreuung und auf die Streichung von Investitionsprojekten.
Bereits im August hatte die Marburger Linke auf den Geschäftsbericht 2015/16 des CSL-Mutterkonzerns aufmerksam gemacht, der einen Gewinn von 1,4 Milliarden Euro verzeichnete. Das Defizit von 6 Millionen Euro, das nach Angaben von Oberbürgermeister Thomas Spies für 2017 übrig bleibt, wird nach Erwartung der Linken "vermutlich im Laufe des nächsten Jahres genauso dahinschmelzen wie das Defizit von 2016". Sollte das wider Erwarten nicht geschehen, empfiehlt die Linke eine Erhöhung des niedrigen Marburger Gewerbesteuersatzes auf 430 Punkte.
Jedenfalls habe sich die Auseinandersetzung um Gebührenerhöhungen, Investitionsstreichungen und Leistungskürzungen als überflüssig wie ein Kropf erwiesen. Die Marburger Linke fordert daher, auf die Gebührenerhöhungen für die Kinderbetreuung zu verzichten und die Streichung der Sanierung der Weidenhäuser Brücke und der Radverkehrsprojekte zurückzunehmen.
Stadtvorstand und Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Marburg weisen die Rücktrittsforde­rungen an Kahle entschieden zurück. "Mit der Abweisung von Fördergeldern in Millionenhöhe für die Sanierung der Weidenhäuser Brücke, die 60 Prozent der Kosten gedeckt hätten, wurde eine haushaltspolitisch fragwürdige Entscheidung getroffen, die die Stadt künftig teuer zu stehen kommen kann", klagte Fraktionsvorsitzende Dr. Elke Neuwohner. "Während der sehr aufschlussreichen Rede zur Weidenhäuser Brücke in der Stadtverordnetenversammlung machte der Bürgermeister deutlich, dass die Konsequenzen des Antrages von den Befürwortern nicht durchdacht wurden".
Leider sei ein Diskurs über diesen Beschluss und seine Konsequenzen in der Stadtverordnetenversammlung strikt unterbunden worden. CDU und Bürger für Marburg (BfM) zeigten an dieser Stelle - gerade vor dem Hintergrund der enormen Höhe der Förderung durch die Landesregierung - einen sehr fragwürdigen Sparwillen, stellte Stadtvorstandssprecher Christian Schmidt fest: "Wir stehen zu unserem Dezernenten und seiner sehr guten Arbeit sowie den gemeinsam mit der SPD getroffenen Haushaltsbeschlüssen der vergangenen Jahre, inklusive der dringend nötigen Sanierung der Weidenhäuser Brücke und wir weisen die persönlichen Angriffe und plumpen Beleidigungen von Wieland Stötzel gegenüber unserem Bürgermeister entschieden zurück."
Der mittlerweile von der FDP eingebrachte Vorschlag einer "Light-Version" der Brückensanierung ohne die Herstellung der barrierefreien Übergänge über den Rudolphsplatz und die Lahn sei für Die Grünen keine Alternative. "Barrierefreiheit ist für uns ein zentrales Thema, in dessen Zusammenhang wir Kürzungen entschieden ablehnen", erklärte der Parteisprecher.
Geradezu peinlich ist das Bild, das die SPD in dieser Sparaktion bietet: Sie spart an Bildung für Kinder und Barrierefreiheit für Behinderte. Damit biedert sie sich konservativen Kräften an, die dank derartiger Prioritätensetzungen in Marburg kaum ernsthafte Chancen haben.
Franz-Josef Hanke/pm
Text 12024 groß anzeigen

www.marburgnews.de

© 2016 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg