25.10.2016 (fjh)
Für ihren weltweiten Einsatz für gerechten Handel und die Anerkennung des Grundrechts auf Wasser war Maude Barlow 2005 mit dem Alternativen Nobelpreis "Right Livelihood Award" ausgezeichnet worden. Am Montag (24. Oktober) hat Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies die Wasseraktivistin im Historischen Saal des Rathauses empfangen, wo sie sich vor rund 80 Gästen in das Goldene Buch der Stadt eintrug.
Das Stadtoberhaupt hieß die Kanadierin herzlich willkommen, die auf Einladung der Allianz der Öffentlichen Wasserwirtschaft (AöW) und der
Stadtwerke Marburg (SWM) die Universitätsstadt besuchte. Barlow sei wesentlich daran beteiligt gewesen, dass im Juli 2010 der Zugang zu sauberem Wasser und eine sanitäre Grundversorgung von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt wurden, betonte Spies.
"Mit Wasser handelt man nicht, und Wasserversorgung ist ein allgemeines Menschenrecht - mit diesen einfachen Worten kann man erklären, an was Sie gearbeitet und für was Sie für viele Jahre gekämpft haben", richtete sich Oberbürgermeister Spies an den Ehrengast. Mit dem Eintrag ins Goldene Buch werde eine Bürgerin gewürdigt, die sich weltweit seit Jahren für das Menschenrecht auf Trinkwasser, gegen die kommerzielle Ausbeutung der Wasserreserven der Erde und für faire nachhaltige Handelsbeziehungen engagiere.
Barlow habe die UN-Charta 2010 gemeinsam mit Bolivien und weiteren 33 Staaten auf den Weg gebracht. "Trotz dieses Meilensteins haben Sie nicht aufgehört, weiter für das Menschenrecht auf Wasser zu streiten, denn es gibt - wie Sie selbst sagen - immer noch viel zu tun", betonte Spies.
Die
Universitätsstadt Marburg sei sehr stolz, über den allgemeinen Trend zur Liberalisierung und Privatisierung hinweg die öffentliche Versorgung in den Händen der Stadt zu halten, machte das Stadtoberhaupt bewusst. "Die Stadtwerke Marburg versorgen Menschen mit Elektrizität, Wasser, Gas, Mobilität und arbeiten an der Infrastruktur der Zukunft wie der sukzessiven Versorgung von öffentlichem Raum mit Internet." Die Menschen in Marburg und der Region wollten keine privatisierte öffentliche Versorgung, machte Spies deutlich, "und wir wollen kein TTIP und CETA".
Marburg sei eine der ersten Kommunen gewesen, die sich offen gegen die beiden Freihandelsabkommen positioniert habe. Mittlerweile seien rund 1.500 Kommunen in Europa zu derselben Überzeugung gelangt.
"Wir wollen, dass die Dinge, die alle brauchen, auch allen gehören", bekräftigte der Oberbürgermeister. "Wir wollen, dass die Dinge, auf die sich die Menschen verlassen können müssen, nicht der Gegenstand rein gewinnorientierter Interessen sind." Vielmehr gehöre dergleichen in öffentlichen Besitz zu Preisen, die sich alle leisten können, betonte Spies.
Bereits im März 2014 hat die Stadtverordnetenversammlung (StVV) beschlossen: "Keine weitere Liberalisierung öffentlicher Versorgung insbesondere im Bereich der Bildung, Kultur, Gesundheit, im sozialen Bereich, in der Sicherheit, Wasserversorgung, Müllentsorgung oder im Öffentlichen Nahverkehr". Im April 2016 wurde gemeinsam mit 40 anderen Kommunen Europas die Erklärung von Barcelona gegen eine weitere Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge geschlossen. "Wir brauchen mehr Menschen, die sich aufrecht wie Maude Barlow gegen den Trend zur Liberalisierung einsetzen und von denen wir lernen können", stellte Spies fest.
"It`s a delight", betonte die Kanadierin über die Ehre, sich in das Goldene Buch der Universitätsstadt Marburg eintragen zu dürfen. Und sie erläuterte, warum sie solch ein Fan von Deutschland sei. Im Rahmen der Entscheidung vor den Vereinten Nationen im Jahr 2010 gehörten Bolivien und Deutschland zu den entscheidenden Kräften.
"The biggest champion was Germany", erläuterte Barlow, die damals vor Ort dem Ergebnis entgegenfieberte. "Wir haben Deutschland viel zu verdanken, denn mit seiner Stimme hatten wir eine mächtige Industrienation hinter uns." Spies wiederum dankte Barlow dafür, dass sie im Anschluss an den Eintrag in das Goldene Buch öffentlich über das Menschenrecht auf Wasser und die Bedrohung für den Gewässerschutz durch das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) und das Freihandelsabkommen CETA referierte.
Barlow ist die Vorsitzende der größten Bürgerrechtsorganisation Kanadas "The Council of Canadians", ehemalige Senior-Beraterin für den Präsidenten der UN- Generalversammlung in Wasserfragen sowie Mitbegründerin des Blue-Planet-Projekts, das weltweit daran arbeitet, Wasser als öffentliches Gut zu erhalten. Außerdem ist sie Direktorin des Internationalen Forums zur Globalisierung. Diese Forschungs- und Bildungseinrichtung mit Sitz in San Francisco schlägt alternative wirtschaftliche Globalisierungsmodelle vor.
Seit vielen Jahren ist Barlow Aktivistin für Handels- und Gerechtigkeitsfragen. Sie war eine berühmte Führungspersönlichkeit der Frauenbewegung in Kanada und von 1983 bis 1984 Beraterin für Ministerpräsident Pierre Trudeau. 2008/2009 beriet sie den Präsidenten der UN-Generalversammlung in Wasserfragen.
pm: Stadt Marburg
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