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Einheiztag


In Marburg ist die Welt am 3. Oktober in Ordnung

03.10.2016 (fjh)
In Marburg ist die Welt noch in Ordnung. Während bei der Feier zum "Tag der deutschen Einheit" in Dresden Festgäste von einem rechten Mob angepöbelt wurden, feierte Marburg am Montag (3. Oktober) rund ums Erwin-Piscator-Haus (EPH) friedlich das "Fest der kulturellen Vielfalt".
Dankbar kann man sein dafür, dass in der mittelhessischen Universitätsstadt ein eher liberaler Geist herrscht. Freuen darf man sich darüber, dass Hetze gegen Flüchtlinge und Fremde hier keinen Platz findet.
Dennoch ist auch in Marburg nicht Alles im Lot: Erzreaktionäre Studentenverbindungen laden mitunter rechte Hetzer wie zuletzt den thüringischen AfD-Landtagsabgeordneten Björn Höcke ein, der es angesichts einer angekündigten Gegendemonstration allerdings vorzog, den versprochenen Vortrag wegen einer Erkrankung abzusagen. Allzu lange hat es gedauert, bis der traditionelle Marktfrühschoppen, der seit Jahren zum bierseligen Treffen rechter Radikalsäufer verkommen war, endlich den verdienten Platz in der Geschichte des Widerstands gefunden hat, für den aufrechte Demokraten zuvor jahrzehntelang schon gekämpft hatten.
Die sogenannte "Alternative für Deutschland" (AfD) sitzt im Kreistag des Landkreises Marburg-Biedenkopf. In einigen Marburger Stadtteilen wie zum Beispiel Cappel hat diese rechtspopulistische Partei bei der Kreistagswahl zweistellige Ergebnisse eingefahren.
Vor der Synagoge steht ein Polizeiauto, um antisemitische Anschläge zu verhindern. Rassistische Anschläge in Gemünden an der Wohra hatte die Polizei Marburg zunächst als "Dummejungenstreich" verharmlost, bis sie zugeben musste, dass zwei der drei Verdächtigen bereits einschlägig in Erscheinung getreten waren.
Am 3. Oktober feiert Deutschland die Wiedervereinigung und damit das Ende des Stasi-Spitzelstaats. Nichtsdestrotrotz peitscht die regierende Große Koalition in Berlin Gesetze durch den Deutschen Bundestag, die dem Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst (BND) umfangreiche Befugnisse zubilligen.
Freiheit ist jedoch die Freiheit der Meinung und die Sicherheit vor politischer Verfolgung. Eine Demokratie kann Gesinnungsschnüffelei und unkontrollierte Spionage nicht gut aushalten. Statt mehr muss es nach den Mordtaten des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) angesichts der immer noch nicht aufgeklärten Verstrickung des Verfassungsschutzes in diese Straftaten deutlich weniger Überwachung geben.
Die deutsche Geschichte lehrt Wachsamkeit gegenüber allmächtigen Staatsorganen und aggressiven Pöblerbanden auf der Straße. Demokratie muss immer wieder von Neuem erkämpft werden. Gerade am 3. Oktober 2016 ist der Aufruf zum Einsatz für Demokratie und Toleranz dringlicher denn je.
Franz-Josef Hanke
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