04.09.2016 (mah)
Die Premiere des Stücks "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Bertolt Brecht führte das
Hessische Landestheater Marburg am Samstag (3. September) im Theater am Schwanhof auf. Diese satirische Parabel hat Brecht 1941 im finnischen Exil geschrieben.
Im alten Chicago versucht ein kleiner Gangster namens Arturo Ui, mit Hilfe seines Schlägertrupps die Macht über den Karfiol-Trust zu erlangen. Dabei handelt es sich um das Gemüse-Kartell. Mit Erfolg erringt er damit zugleich auch die Macht über die Stadt.
Das Besondere dieses Stücks ist der stetige Bezug zu Adolf Hitlers Machtergreifung in den 30er Jahren. Eindrucksvoll wird dem Zuschauer übermittelt, wie die Kombination aus Angst und dem Versprechen von Sicherheit als Machtinstrumente eingesetzt werden können. In Zeiten von AfD und Donald Trump beweist diese Erkenntnis wieder ihre brisante Aktualität.
Der erste Blick auf die Bühne zeigt eine Ansammlung von alten Schreibtischen, die in verschiedenen Formationen angeordnet und aufeinander gestapelt wurden. Erst als das Stück beginnt, wird klar, dass diese Schreibtische in ihren Anordnungen einen bestimmten Zweck erfüllen.
Sie bewirken die Aufteilung der Bühne in mehrere Ebenen von oben nach unten. So wird überzeugend demonstriert, welcher Akteur über welchem anderen steht.
Während der kleinen Pausen, in denen Kostüme gewechselt und Ortswechsel angedeutet werden, wird das gesamte Bühnenbild mit Hilfe eines Beamers mit alten schwarz-weiß-Videoaufnahmen bestrahlt und mit Volks- und Marschmusik unterlegt. Dieses Stilmittel versetzt die Zuschauenden gekonnt in alte Zeiten zurück.
Trotz eines recht komplizierten Anfangs nimmt das Stück schnell Fahrt auf und fesselt die Zuschauenden durch anregende Dialoge und gut inszenierte Szenenwechsel. Die Schauspieler Karlheinz Schmitt, Lisa-Marie Gerl, Ogün Derendeli, Roman Pertl und Sebastian Muskalla, die zumeist mehrere Rollen übernehmen, spielen sehr überzeugend und mit viel Elan. Ein Blick in die Augen von Thomas Huth in der Rolle des Protagonisten Arturo Ui ist genug, um ihm den Gangster - oder auch den jungen Hitler – sofort abzukaufen.
Sehr kreativ war Regisseur Matthias Faltz bei der Verwendung des brechtschen Verfremdungseffekts, indem er das Publikum scheinbar mit einbezieht und so eine deutliche Wirkung hinterlässt. Alles in allem ist das Stück äußerst unterhaltsam und kurzweilig. Zugleich übermittelt es eine brandaktuelle Botschaft und endet mit einem äußerst unvorhergesehenen Boom.
Marco Heinrich
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