Logo: marburgnewsMobile Marburgnews

Zum Menü

Beteiligung bleibt


Spies präsentierte Startervorlage für mehr Demokratie

12.07.2016 (fjh)
Die Universitätsstadt Marburg entwickelt ein Konzept zur Bürgerbeteiligung. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat am Dienstag (12. Juli) im Rathaus eine "Startervorlage" präsentiert, die einen zweijährigen Prozess in Gang bringen soll. Die Vorlage wurde am Montag (11. Juli) vom Magistrat beschlossen.
Beraten und entscheiden wird die Stadtverordnetenversammlung (StVV) darüber im September. Welche Form der Bürgerbeteiligung an welcher Stelle und für welche Fragestellung für die Zukunft die richtige ist, erarbeiten deshalb Stadtverordnetenversammlung, Bürgerinnen und Bürger, Magistrat nebst Stadtverwaltung und Wissenschaft im gemeinsamen Austausch auf Augenhöhe in einem Quatrolog.
"Unser Ziel ist es, Barrieren abzubauen und eine repräsentative Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen", erklärte Spies einen der Schwerpunkte des Marburger Wegs.
Dabei könne man auf ein gewachsenes Netz an Beteiligungsstrukturen mit über 50 bestehenden Verfahren aufbauen, das "wir weiterentwickeln und mit direkten persönlichen Beteiligungsformen und digitalen Elementen ergänzen wollen", sagte Spies. "In Marburg hat BürgerInnenbeteiligung eine ganz lange Tradition", betonte der Oberbürgermeister.
Auch das neue BildungsBauProgramm (BiBaP) der Stadt sei als "Inbegriff von Beteiligung" beispielgebend: zuerst wurde mit den Schulen transparent über Verfahren geredet und der Rahmen festgelegt; dann meldeten die Schulen Wünsche oder Prioritäten an, die mit der Verwaltung besprochen und in einer Projektgruppe mit allen am Thema Schule Beteiligten zu einer gemeinsamen Liste zusammengeführt und vereinbart wurden. Am Ende schließlich steht die Entscheidung der gewählten Stadtverordnetenversammlung.
Im zweijährigen Bürgerbeteiligungsprozess gelte es, das Bestehende mit dem Neuen zu verbinden, auf Marburger Erfahrungen aufzubauen und Verfahren weiterzuentwickeln sowie neueste Forschungsergebnisse und auch Impulse aus anderen Städten einzubeziehen. Am Ende des Quatrologs soll eine auf Marburg zugeschnittene Systematik für Bürgerbeteiligungsstandards stehen. Bürgerbeteiligung fängt dabei mit der Beteiligung der Bürgerschaft an.
In Kooperation mit dem Fachgebiet und der Professur für Demokratieforschung des Instituts für Politikwissenschaft der Philipps-Universität wird zudem die umfangreiche bestehende Marburger Bürgerbeteiligung ausgewertet, um eine systematische Basis für einen nachhaltigen Prozess zu schaffen. Erste Daten wurden gemäß Stadtverordnetenbeschluss vom April 2015 in der Stadtverwaltung abgefragt. Ein Marburger Konzept zur Bürgerbeteiligung kann nur auf der Basis einer Analyse der bestehenden Strukturen erfolgreich sein.
Die Startervorlage wird im Haupt- und Finanzausschuss, im Ausschuss für Soziales, Jugend und Gleichstellung sowie im Stadtparlament beraten. Beschließt die Stadtverordnetenversammlung die Startervorlage, beauftragt sie damit den Magistrat , bis zum Herbst die organisatorischen und personellen Voraussetzungen für den Start des Prozesses im Zuge des Nachtragshaushalts zu schaffen und legt die Grundsätze für einen zweijährigen Bürgerbeteiligungsprozess fest.
Bürgerbeteiligung muss dabei grundsätzlich inklusiv sein: Am besten ist sie aufsuchend und repräsentativ, damit die Wünsche und Vorstellungen aller Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Bildung, Einkommen, Herkunft, Migrationshintergrund, Alter, Geschlecht oder sozialem Status angemessen vorkommen. Barrieren in Information, Kommunikation und Beteiligung sind abzubauen.
Zudem muss sie dauerhaft, regelmäßig, frühzeitig, verlässlich und zuverlässig sein. Weiterhin soll sie auch modern sein, transparent, ansprechend öffentlich präsentiert, digital und auf Papier, interaktiv.
Sie soll das Bestehende mit dem Neuen verbinden: Mit bewährten Formen wie Beiräten oder Kommissionen soll sie arbeiten und sie gegebenenfalls fortentwickeln, neue Instrumente für die jeweils passende Aufgabenstellung vereinbaren, aber auch spontan und individuell möglich sein.
Sie soll im repräsentativen Quatrolog entwickelt werden: Statverordnetenversammlung, Bürgerinnen und Bürger, Magistrat und Stadtverwaltung sowie Wissenschaft arbeiten auf Augenhöhe miteinander. Das setzt Offenheit und Vertrauen voraus.
Bürgerbeteiligung soll sich dem Bürgerurteil stellen und Anregungen sowie repräsentative Meinungen regelmäßig auch zwischen Wahlen aufnehmen. Zusätzliche Ideen stärken so die kommunalen Entscheidungsträger, bieten ihnen bessere Abwägungsmöglichkeiten und den Bürgern die Möglichkeit, mitzugestalten und ihre Anregungen sowie ihr Wissen an die Stadt heranzutragen.
Dabei muss das Verfahren transparent sein: Entscheidungsprozesse, Vorhaben, Informationen und beispielsweise Kartenmaterial sowie Expertenwissen müssen verständlich zur Verfügung gestellt werden und auch online einsehbar sein.
Bürgerbeteiligung muss von einer festen Koordination verlässlich begleitet werden. Sie sollte Themen betreffen, die Gestaltungsspielräume zulassen.
Bürgerbeteiligung setzt eine professionelle Analyse des Bestands in Form eines Bürgerbeteiligungsberichts voraus. Der Marburger Weg der Bürgerbeteiligung wird mit diesen Grundsätzen als Gesamtkonzept erarbeitet.
"BürgerInnenbeteiligung bietet die Chance zur Verbesserung aller Bereiche der Politik", zeigte sich Spies zuversichtlich. Sie soll dabei die politische Repräsentation und Verantwortung gewählter Entscheidungsgremien nicht ersetzen, sondern Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeiten bieten, an Entscheidungsprozessen teilzuhaben.
Dabei muss für alle klar und nachvollziehbar sein, was anschließend aus den Ergebnissen von Bürgerbeteiligung wird. Deshalb sind für die jeweiligen Anlässe der Rahmen und die Einbindung in die Entscheidungsprozesse jeweils vorab verbindlich festzulegen.
Der Bürgerbeteiligungsprozess erfordert dabei Zeit, Ressourcen sowie eine professionelle Koordination, Steuerung und Moderation des als Querschnittsaufgabe angelegten zweijährigen Beteiligungsprozesses.
In der Verantwortung und Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung liegt es, auf der Basis des Quatrologs über den Umfang und den Rahmen für die Bürgerbeteiligung zu entscheiden und die jeweils entsprechende Finanzierung zur Realisierung sicherzustellen. Die StVV hatte den Magistrat beauftragt, einen Prozess der Bürgerbeteiligung auf den Weg zu bringen. Die Startervorlage, auf deren Grundlage die Stadtverordneten beraten, ist auf www.marburg.de auch öffentlich einsehbar.
pm: Stadt Marburg
Text 11645 groß anzeigen

www.marburgnews.de

© 2016 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg