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Keine Komplikationen


Veranstaltung zum Camp in Cappel

28.06.2016 (fjh)
Regelmäßig werden die Bürger über die Situation der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Cappel informiert. Am Donnerstag (23. Juni) wurden dort 111 Geflüchtete begrüßt, die zuvor in Herborn untergebracht waren.
"Das Camp in Cappel ist keine Ansammlung von Zelten mit hunderten nebeneinander stehender Betten, wie man das früher kannte", erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zu Beginn der Informationsveranstaltung. "Es ist ein Ort, an dem man unter menschenwürdigen Bedingungen vorübergehend unterkommen kann, nachdem man extreme Erfahrungen gemacht und eine gefährliche Flucht hinter sich hat."
In Marburg seien Geflüchtete willkommen. Es sei wichtig, dass sich dieses Selbstverständnis auch im Aussehen des Camps widerspiegele.
Zugleich seien die offenen Versammlungen in Cappel inzwischen gute Tradition für die Nachbarschaft. Die Einheimischen haben die Gelegenheit, Fragen zu stellen und erhalten von Stadt und Land Informationen aus erster Hand.Dazu hat Ortsvorsteher Heinz Wahlers beigetragen, der mit dem Oberbürgermeister zusammen jetzt erneut einlud.
Auch die Bewohner des Camps engagierten sich dafür. So haben die Geflüchteten - von einer Mitarbeiterin der Universitätsstadt Marburg begleitet - die rund 400 Einladungen für die Versammlung in die Briefkästen von Wohnungen, Häusern und Geschäften im direkten Umfeld der Erstaufnahmeeinrichtung selbst verteilt. Die direkte Form der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern beeindruckte viele von ihnen.
Vor der Ankunft der Menschen aus Herborn lebten 88 Personen in der Einrichtung an der Cappeler Umgehungsstraße, wie Wolfgang Cloos vom Regierungspräsidium Gießen (RP) als Leiter des Camps vor 40 Gästen der Veranstaltung mitteilte. Diese Zahl ändere sich jedoch von Tag zu Tag, ergänzte Anne Sussmann vom RP Gießen.
Mit den Menschen aus Herborn, wo eine nicht mehr benötigte Einrichtung geschlossen wird, nimmt Marburg rund 120 weitere Geflüchtete auf. Darunter sind zahlreiche Familien mit Kindern.
"In den festen Häusern in Holzbauweise ist alles entsprechend vorbereitet", erläuterten die Vertreter des RP. "Unsere Sozialbetreuerinnen und -betreuer haben die Ankunft in Marburg so angenehm wie möglich gestaltet." Von den sechs Gebäuden sind nach Angaben der Behörde dann wieder drei belegt.
Auch die haupt- sowie ehrenamtlichen Mitarbeitenden im Portal Gisselberg und der Kleiderkammer sind eingebunden. Sie haben die Neuankömmlinge im Zentrum für Flüchtlinge begrüßt und ihnen das dort stattfindende Bildungs- und Freizeitangebot vorgestellt.
Wer nach der Flucht noch nicht ausreichend eingekleidet ist, kann in der Kleiderkammer vielleicht fündig werden. Sie wird von der Universitätsstadt Marburg in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz Marburg betrieben und steht auch Inhaberinnen und Inhabern des Stadtpasses offen.
Parallel gehen die Bauarbeiten im Camp zügig voran: Wo vorher noch ein Trampelpfad durch den Matsch führte, ist die Fläche nun begradigt und mit Schotter und Erde aufgefüllt. Randsteine wurden gesetzt, um die Wegeführung anzudeuten.
Im nächsten Schritt folgen Asphalt und Pflaster. Letzte Feinarbeiten sollen das Erscheinungsbild der Wohnanlage weiter verbessern: Grünflächen und Bäume - besonders zur Umgehungsstraße hin - sowie Sitzgelegenheiten auf den Flächen zwischen den Häusern sollen das Camp, wenn auch jeweils nur für kurze Zeit, zu einem Zuhause machen.
"Ein großformatiges Kunstwerk des Marburger Künstlers Richard Stumm am Zaun der Einrichtung rundet die gestalterischen Elemente ab", berichtete Bernd Nützel vom städtischen Fachdienst Stadtplanung. "Es bringt Farbe in das bis jetzt eher eintönige Umfeld, lockert das Ganze auf."
Die am Zaun befestigten Begriffe "Hope" und "Peace" – Hoffnung und Frieden – beschreiben, was viele der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem neuen Leben in Deutschland verbinden. Auch schafft diese Kunst eine weitere Gelegenheit zur Begegnung von Geflüchteten und Einheimischen, denn die Platten am Zaun, die noch weiß sind, können im Laufe des Sommers gemeinsam gestaltet werden.
Die rund 40 Anwesenden der Veranstaltung fragten unter anderem nach der Zeit der weiteren Bauarbeiten im Camp und danach, ob die helle Beleuchtung des Camps und die Lautstärke der Zeltheizung in der Nacht reduziert werden können, was in der Veranstaltung auch der Oberbürgermeister dringlich unterstützte. Zudem wollten die Teilnehmenden wissen, warum überhaupt ein Zaun rund um die Erstaufnahmeeinrichtung notwendig ist.
Noch am selben Abend setzte das zuständige RP zwei Änderungen um: Die Beleuchtung durch große Strahler wird in den Abendstunden jetzt deutlich heruntergefahren und die Belüftungsanlage nach 22 Uhr sowie wetterabhängig auch zeitweise tagsüber abgeschaltet.
Gleich mehrere Fragen bezogen sich auf den Sportplatz "Am Köppel", der als Ausgleich für den durch das Camp weggefallenen Bolzplatz erneuert werden soll, um dem Bedarf der Sportvereine gerecht zu werden. Mehrere Anwohnerinnen und Anwohner wollten wissen, wann denn auch angesichts der Haushaltssperre mit dem Baubeginn zu rechnen sei.
Oberbürgermeister Spies erklärte, dass weiterhin geplant sei, den Platz "Am Köppel" als Ersatz für den weggefallenen Bolzplatz zeitnah zu erneuern. Die Haushaltssperre ändere daran erst mal nichts.
"Das Land Hessen nutzt die Fläche an der Umgehungsstraße bisher kostenlos", erklärte Spies. "Wir sind in Gesprächen mit dem Innenministerium und erinnern das Land immer wieder daran, die Zusage einzuhalten und sich an den Kosten für den Sportplatz erheblich zu beteiligen." Wenn das Land seine Zusage erfülle, sei mit einem Baubeginn im kommenden Jahr zu rechnen.
Sebastian Büchling vom RP Gießen fasste die einjährige Geschichte der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Cappel noch einmal zusammen und dankte Stadt und Anwohnern für die gute Zusammenarbeit, die nicht selbstverständlich sei. Funktion des Camps sei es, Geflüchteten vor ihrer Zuweisung an die hessischen Landkreise eine kurzfristige Unterkunft zu bieten.
Derzeit sind die Büros und das medizinische Versorgungszentrum der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung noch in Containern untergebracht. Speisesaal samt Essensausgabe befinden sich weiterhin in der letzten - noch stehenden - Leichtbauhalle ebenso die Kinderbetreuung und ein Schulungsraum.
Diese Bereiche sollen laut RP in drei Funktionsgebäude umziehen. Diese letzten - noch zu bauenden - Häuser sollen laut Plan nach einer Bauzeit von zwölf Wochen bezugsfertig sein.
Dann verschwinden auch das letzte Zelt sowie die Container aus der Anlage und das Quartier ist fertig. "Die Gestaltung der Anlage rund um die Wohnhäuser ist uns sehr wichtig, denn sie macht aus einem Feld mit Lagercharakter einen ansehnlichen Ort, um den herum sich sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner des Camps als auch die Anwohnerinnen und Anwohner wohlfühlen können werden", sagte Spies abschließend.
pm: Stadt Marburg
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