01.04.2016 (fjh)
236 Flüchtlinge sind am Freitag (1. April) in Marburg angekommen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden sie aus Griechenland nach deutschland geholt. Ihre fünf Busse hielten kurz vor 7 Uhr bei der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge an der Umgehungsstraße in Cappel.
Bei den Neuankömmlingen handelt es sich um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien sowie zwei Familien aus Afghanistan. Sie gehören zu den über 60.000 Geflüchteten, die nach der "Schließung" der Balkan-Route in Griechenland gestrandet sind. Nach Marburg geholt wurden ausschließlich Familien mit kleinen Kindern, allein reisende Minderjährige sowie Flüchtlinge mit Behinderungen.
"Es war ein organisatorischer Kraftakt", berichtete Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies am Freitagmorgen. "Aber wir sind froh, dass wir die Aktion nun glücklich zum Erfolg führen konnten."
Den Anstoß zu der Aufnahme von Geflüchteten in Marburg hatte Die Linke gegeben. Ihre Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung (StVV) hatte diesen Vorschlag als Zeichen des guten Willens der anderen Fraktionen für eine Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gemacht. Mit der Ankunft der Geflüchteten stehe nun einer rot-grün-roten Rathauskoalition nichts mehr im Wege, erklärte der Linken-Landesvorsitzende Jan Schalauske.
Bei SPD und Grünen stieß die Anregung der Linken sofort auf wohlwollende Unterstützung. Schwerer war es jedoch, die Zustimmung der hessischen Landesregierung einzuholen. Dem Grünen-Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir gelang es jedoch in nächtelangen "Gesprächen", den CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier von der Notwendigkeit der Maßnahme zu "überzeugen".
Ein geringeres Problem war hingegen die Einwilligung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie war sofort einverstanden mit der Umsiedlung, "solange Horst Seehofer damit nicht in die Medien geht und behauptet, ich hätte das angezettelt".
Überglücklich stiegen die Ankömmlinge am Freitagmorgen in Cappel aus ihren Bussen. Ihre Landsleute spielten zur Begrüßung einen satirischen Song über den türkischen Ministerpräsidenten, dessen Pakt mit der Europäischen Union (EU) die Ankömmlinge glücklicherweise entgangen seien. Syrische Flüchtlinge verwiesen darauf, dass die Türkei viele ihrer Landsleute in das vom Bürgerkrieg zerstörte Land abschiebt, aus dem sie zuvor mit guten Gründen geflüchtet waren.
Franz-Josef Hanke
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