21.11.2015 (fjh)
Offiziell wurde Dr. Thomas Spies im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung (StVV) am Freitag (20. November) als Oberbürgermeister der
Universitätsstadt Marburg eingeführt. Zum 1. Dezember 2015 wird er sein Amt antreten. Zuvor hatten Vertreter der verschiedenen Fraktionen im Stadtparlament den scheidenden Oberbürgermeister Egon Vaupel verabschiedet.
"Er hat sein Amt nicht nur geführt; er hat es gelebt", erklärte die stellvertretende Stadtverordnetenvorsitzende Marianne Wölk. Als Kämmerer habe Vaupel dafür gesorgt, dass die Menschen in Marburg gut leben können. Wölk hob sein Einfühlungsvermögen und die Nähe zu den Menschen ebenso hervor wie seine kluge und an die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtete Haushaltspolitik.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steffen Rink sagte, die Arbeit sei für Vaupel nie Routine gewesen. Er habe den scheidenden Oberbürgermeister als jemanden erlebt, der als Mensch erkennbar geblieben sei.
"Es ging ihm nicht um Theater; es ging ihm um die Sache", betonte Rink. Als Beispiele dafür nannte er Vaupels Eintreten für Globalität und Vielfalt und dass es ihm ein Anliegen gewesen sei, Flagge zu zeigen gegen rechtes und extremistisches Gedankengut. "Vieles, was uns in der Willkommenskultur auszeichnet, wäre so nicht gekommen, wenn Egon Vaupel nicht gesagt hätte: Ich will das so."
Wieland Stötzel von der CDU-Fraktion lobte Vaupels große Sachkenntnis, Fleiß und Engagement. Bei allen Differenzen habe er ihn persönlich als Oberbürgermeister sehr geschätzt.
"Sie haben immer das Ganze im Blick gehabt", erklärte Stötzel. Er charakterisierte Vaupel als "Vollblutpolitiker" und " anpackend, überzeugt von dem, was er macht und was er sagt und meist auch überzeugend", der große Fußstapfen hinterlasse.
Dr. Christa Perabo von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erwähnte ebenfalls Vaupels Engagement für die Integration: Er habe die Willkommenskultur zusammen mit vielen unglaublich engagierten Bürgerinnen und Bürgern vorbildlich gestaltet und es geschafft, die Menschen mit seiner Überzeugung und Fürsorge anzustecken. Außerdem sei er ein verlässlicher Partner gewesen, der seine Zusagen einhält.
"Wir haben Sie am Anfang ganz schön unterschätzt", gestand Perabo. Sie schlug vor, Vaupel solle den Vorsitz eines Runden Tischs übernehmen, der sich darum kümmert, aus der Willkommens- eine Bleibekultur zu entwickeln.
Henning Köster von der Marburger Linken erklärte, er hoffe, dass der scheidende Oberbürgermeister seine Rolle und Möglichkeiten finden werde, weiter für die Stadt aktiv zu sein. Vaupel habe sich immer als Oberbürgermeister aller Menschen verstanden, die in dieser Stadt leben.
Seine Entscheidung, Holzhäuser für die Flüchtlinge errichten zu lassen, obwohl noch nicht alle Genehmigungen vorlagen, nannte Köster "Zivilcourage im Amt". Ein tolerantes Klima sei für Vaupel nie ein Lippenbekenntnis gewesen, sondern eine Herzenssache.
Dr. Hermann Uchtmann von der Marburger Bürgerliste (MBL) sprach Vaupel seinen Respekt und seine "tief empfundene Anerkennung" aus. Er unterstrich die "menschliche Note", die er seinem Amt und seiner Verantwortung verliehen habe. Vaupel werde den Menschen stets als "Kümmerer" im Gedächtnis bleiben.
"Wir werden Sie vermissen", erklärte auch Michael Selinka von der FDP-Fraktion. Grund dafür sei Vaupels "oberhessischer Art, die eben nicht glattgebügelt war", sondern mit Ecken und Kanten und immer von Verbindlichkeit geprägt. "Sie fällen Entscheidungen, stehen zu diesen und sind bereit, hart dafür zu arbeiten", sagte Selinka.
Andrea Suntheim-Pichler von den Bürgern für Marburg (BfM) machte Vaupels "Humor, Witz, Souveränität und Ehrlichkeit" deutlich. Trotz seiner Nähe sei er Menschen immer mit Respekt begegnet.
Dr. Michael Weber von der Piraten-Partei bedankte sich ebenfalls für den Einsatz des Oberbürgermeisters. Vor allem lobtte er sein Engagement im Zusammenhang mit den Flüchtlingen.
Auch das Kinder- und Jugendparlament (KiJuPa) verabschiedete sich von Vaupel. Sein Vorsitzender Manuel Greim erklärte, die Zeit mit ihm sei von viel Nähe geprägt gewesen. "Wir konnten immer auf ihn zugehen und unsere Probleme schildern."
Auch Bürgermeister Dr. Franz Kahle richtete noch einmal Dankesworte an Vaupel. Gleiches war bereits in der letzten Sitzung des Magistrats geschehen.
Kahle wandte sich an einen "streitbaren, aber sehr kollegialen und geduldigen Oberbürgermeister". Vaupel sei immer bestrebt gewesen, Lösungen für den Magistrat als "Kollegialorgan" zu finden.
Vaupel selbst schließlich stellte das heraus, was er während seiner Amtszeit bei vielen seiner Reden und Ansprachen stets betont hatte: Er sei dankbar, für die Bürgerinnen und Bürger von Marburg arbeiten zu dürfen. "Es gibt nichts Schöneres."
Die Universitätsstadt Marburg sei etwas Besonderes; und das machten die Menschen aus. Er habe sehr großen Respekt gehabt, als er ins Rathaus kam, "um nicht zu sagen: Mir flatterte die Hose".
Von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die er dann kenngelernt habe, habe er sehr viel partizipiert. Das sei "eine tolle Truppe, eine klasse Mannschaft". Er habe immer großes Vertrauen gespürt; und weil kein Oberbürgermeister ohne Vertrauen arbeiten und kein Mensch ohne Vertrauen wachsen könne, bat Vaupel darum, das auch seinem Nachfolger entgegenzubringen.
"Es war eine wunderschöne Zeit", resümierte Vaupel im Rückblick. In dieser Zeit habe er auch einen historischen Stadtumbau begleiten dürfen.
Viele Bausteine gäbe es zu erwähnen. Zwei, die er besonders hervorhob, waren die Einrichtung des Weltladens am Marktplatz und die Akzeptanz des Deserteursdenkmals an der Frankfurter Straße.
"Ich gehe im Reinen mit mir; und ich hoffe, Sie gehen auch im Reinen mit mir", sagte Vaupel an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet. Was Zukunftspläne angeht, solle man ihn bitte erst mal ausschlafen und etwas nachdenken lassen.
Zu seinem Abschied richtete Vaupel noch einen emotionalen Appell an seine Kollegen in der Politik und auch die Bürgerinnen und Bürger seiner Stadt: "Achten Sie darauf, dass es keine Diskriminierung in der Gesellschaft gibt! Leben sie die Leidenschaft für eine solidarische und gerechte Welt!"
Nach den Ansprachen übergab Vaupel die Ernennungsurkunde zum Oberbürgermeister an Spies. Im Anschluss wurde Spies durch die stellvertretende Stadtverordnetenvorsitzende Wölk vereidigt. Per Handschlag verpflichtete er sich zu einer gewissenhaften Erfüllung seiner Aufgaben.
Am Dienstag (1. Dezember) wird der neue Oberbürgermeister sein Amt antreten. Er freue sich auf die Arbeit. Die Offenheit und Diskussionsbereitschaft der Stadt sei ein Grund gewesen, sich für das Amt zu bewerben.
"Lassen sie uns gemeinsam mit den besten und stärksten Argumenten arbeiten", wandte er sich an die Stadtverordneten. Er übernehme von seinem Amtsvorgänger eine Stadt in einem Zustand, um den ihn viele beneiden würden, auch was die Finanzlage betrifft. Insbesondere in der Flüchtlingspolitik habe Vaupel Maßstäbe gesetzt.
pm: Stadt Marburg
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