18.11.2015 (fjh)
Biologen aus Marburg, Salamanca und Sevilla haben Licht in die Evolution der DNA-Reparatur gebracht. Das Team um Prof. Dr. Alfred Batschauer von der
Philipps-Universität fand bei der genetischen Untersuchung von Pilzen der Unterabteilung "Mucoromycotina" heraus, dass sie über ein lichtabhängiges Enzym verfügen, das - anders als bislang angenommen - nicht nur einzelsträngige, sondern auch doppelsträngige DNA reparieren kann. Die deutschen und spanischen Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in einer Online-Vorabveröffentlichung des renommierten Wissenschaftsmagazins "Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America" (PNAS).
Damit Organismen in ihrer Umwelt bestehen können, benötigen sie einen wirksamen Mechanismus, der Schäden an der Erbsubstanz "DNA" behebt. Das wird zum Beispiel nötig, wenn sie durch ultraviolettes Licht geschädigt wird. Ohne solche Reparaturmechanismen führen diese Schäden zu Mutationen, Krebs oder Zelltod.
Die Forschergruppe um Batschauer untersuchte den DNA-Reparaturmechanismus in Pilzen der Unterabteilung "Mucoromycotina, zu der auch der Schimmelpilz "Phycomyces " gehört. Das Team fand heraus, dass sie Pilze sogenannte DASH-Cryptochrome für die DNA-Reparatur nutzen.
"DASH" steht für die Arten Drosophila, Arabidopsis, Synechocystis, Homo sapiens, in denen diese oder verwandte Gene zunächst gefunden wurden. Sie existieren aber auch in anderen Organismen wie beispielsweise Pilzen.
Für die lichtabhängige Reparatur von UV-Schäden ist in anderen Organismen das Enzym "Photolyase" zuständig. Das gilt nicht bei der untersuchten Gruppe von Pilzen.
"Im Gegensatz zu anderen Organismengruppen fanden wir in den Genomen dieser Pilze ausschließlich DASH-Cryptochrome, keine Photolyase", berichtete Batschauer. "Das war überraschend, weil bekannt war, dass diese Pilze Licht für die Reparatur von UV-Schäden nutzen. Wir konnten zeigen, dass die DASH-Cryptochrome in den Pilzen die evolutionäre Urform der DNA-Reparaturaktivität behalten haben."
DASH-Cryptochrome galten bislang als Photorezeptoren mit eingeschränkter DNA-Reparaturaktivität. Das Autorenteam war deshalb der Frage nachgegangen, ob DASH-Cryptochrome des Schimmelpilzes auch Schäden in doppelsträngiger DNA reparieren können. In der nun publizierten Arbeit wird das bestätigt.
"Unsere Befunde liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Evolution der Cryptochrome und Photolyase, die zu einer Proteinfamilie gehören", erklärte Batschauer. "Nun wollen wir die molekularen Grundlagen der funktionellen Unterschiede von DASH-Cryptochromen aus verschiedenen Organismengruppen verstehen."
Die publizierten Erkenntnisse bauen auf früheren Entdeckungen Batschauers auf. Er hatte 1993 zeitgleich mit amerikanischen Wissenschaftlern die Cryptochrome als eine neue Gruppe von Lichtrezeptoren in Pflanzen entdeckt. Sie haben strukturelle Ähnlichkeit mit dem lichtabhängigen Enzym Photolyase.
Cryptochrome von Pflanzen und vielen anderen Organismen erkennen den Blaulichtanteil des Sonnenlichts. Außerdem sind sie Bestandteil der biologischen Uhr von Menschen und anderen Säugetieren. Nach der Entdeckung der Cryptochrome forschte Batschauer zeitweilig an diesen Photorezeptoren gemeinsam mit Prof. Dr. Aziz Sancar, der 2015 den Chemie-Nobelpreis für seine Forschung zu DNA-Reparaturmechanismen erhielt.
Batschauer leitet eine Arbeitsgruppe für Pflanzenphysiologie und Photobiologie an der Philipps-Universität. Die Forschungsarbeit, die der aktuellen Publikation zugrunde liegt, wurde mit Mitteln des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs 987 "Mikrobielle Diversität in umweltabhängiger Signalantwort" ermöglicht.
pm: Philipps-Universität Marburg
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