11.11.2015 (fjh)
Mehr als 200 Menschen haben am Montag (9. November) zum 77. Jahrestag der Pogromnacht im "Garten des Gedenkens" der von den Nationalsozialisten misshandelten, verhafteten und getöteten jüdischen Mitbürger gedacht. Traditionell laden die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und die Jüdische Gemeinde gemeinsam mit dem Magistrat der
Universitätsstadt Marburg zur öffentlichen Besinnungsstunde an den Ort an der Universitätsstraße, an dem am 9. November 1938 die Marburger Synagoge abbrannte. Neben Oberbürgermeister Egon Vaupel nahmen Bürgermeister Dr. Franz Kahle, Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Löwer und zahlreiche weitere Magistratsmitglieder und Stadtverordnete an der Gedenkveranstaltung teil.
Klaus Dorn vom Katholisch-Theologischen Seminar und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zitierte die spätere Politikerin Golda Meir. Sie hatte die Nationen kritisiert, die erklärt hatten, sie könnten nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, die rund um den Erdball unterwegs sind. Das sei 1938 gewesen, als es darum gegangen sei, Juden aufzunehmen, die vor den Nationalsozialisten auf der Flucht waren.
Meirs Worte seien aber aktuell wie nie. Heute seien es nicht mehr die Juden, die auf der Flucht sind, sagte Dorn. Menschenrechte würden aber nach wie vor verletzt; und Flüchtlinge dürften sich nicht selbst überlassen werden.
Dabei spielten Ethnien oder Religionen keine Rolle. "1938 wurde tatenlos zugeschaut", beklagte Dorn. "Das darf sich nicht wiederholen."
Oberbürgermeister Vaupel erinnerte daran, dass die Juden in Marburg beim Bau ihrer Synagoge 1897 noch Hoffnung auf ein friedliches Miteinander hatten. "Aber diese Hoffnung wurde zerstört", fuhr er fort. Nazi-Schlägertrupps zündeten das Gotteshaus an.
Die Feuerwehr unternahm nichts; und der Jüdischen Gemeinde wurden sogar die Kosten für die Trümmerbeseitigung in Rechnung gestellt. "Das alles ist bekannt, aber es muss immer wieder in Erinnerung gerufen werden", hob das Stadtoberhaupt hervor. "Zu vergessen, würde bedeuten, dass die Opfer noch einmal sterben."
Das große Problem heute sei der Rassismus, sagte Vaupel. Zunehmend mache er sich in der Mitte der Gesellschaft breit und unterstütze den rechten Terror, der sich beispielsweise in Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte manifestiere.
"Jeder einzelne Vorfall ist einer zuviel", mahnte der Oberbürgermeister. Auch deshalb müsse immer wieder an die Vergangenheit erinnert werden, "denn wer die Fakten kennt, wird es nicht einfach ertragen können".
Er sei froh, dass es in Marburg ein friedliches Miteinander der Religionen gebe, sagte Vaupel. Der Oberbürgermeister betonte, dass auch auf Wunsch der jüdischen Gemeinde auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge mit dem "Garten des Gedenkens" ein Ort entstanden ist, an dem sich Menschen gerne treffen.
Amnon Orbach von der Jüdischen Gemeinde Marburg betete für die Opfer des Nationalsozialismus. Vaupel und Löwer legten im Namen der Universitätsstadt Marburg einen Kranz am Gedenkstein nieder. Für die
Philipps-Universität tat das ihr Kanzler Friedhelm Nonne.
pm: Stadt Marburg
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