Logo: marburgnewsMobile Marburgnews

Zum Menü

Im PTEN


Ein Baustein dreht Wirkung von Gen ins Gegenteil

27.10.2015 (fjh)
Ein einziger ausgetauschter Baustein reicht, um das Gen "PTEN" in seiner Wirkung umzudrehen: Aus einem Tumor-unterdrückenden wird ein Tumor-fördernder Faktor. Das zeigen deutsche und US-amerikanische Forscher in einer aktuellen Veröffentlichung des Wissenschaftsmagazins "Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America" (PNAS) am Beispiel eines Prostatakrebs-Patienten.
Tumore der Vorsteherdrüse (Prostata) zählen bei Männern zu den häufigsten Karzinomen. Aber Krebs ist nicht gleich Krebs: Wie sich eine Erkrankung bei den Betroffenen ausprägt, hängt stark von den Genen des Tumorgewebes ab.
"Man kennt eine Vielzahl von Genvarianten, die den Krankheitsverlauf und Therapieerfolg bei Krebs beeinflussen", erklärte Koautor Dr. Christian Halaszovich von der Abteilung für Neurophysiologie der Philipps-Universität. "Das Wissen um beteiligte genetische Veränderungen mündet bislang aber kaum in neue, individuell auf den Patienten abgestimmte Behandlungsansätze, weil die molekularen Wirkungsweisen wichtiger Gene und ihrer Mutationen nicht bekannt sind."
Die Autoren berichten über die genetische Untersuchung eines einzelnen Patienten, die zur Identifikation eines neuen Krankheitsauslösers führte, so dass eine individuell abgestimmte Behandlung in greifbare Nähe rückt. Das Team beschränkte sich nicht auf die bereits bekannten Genvarianten, die mit Krebserkrankungen einhergehen, sondern suchte nach bislang unentdeckten Krankheitsfaktoren. Es musterte die Gesamtheit der genetischen Information in den Prostata-Krebszellen eines Betroffenen.
Dabei fiel eine Mutation im Gen PTEN auf, die zur Veränderung eines Enzyms führt, das im Normalfall der Vermehrung von Krebs­zellen entgegenwirkt, also die Tumorentwicklung unterdrückt. Wie das Autorenteam zeigt, bewirkt die neu entdeckte Mutation, dass ein Baustein im PTEN-Protein ausgetauscht wird.
Anstelle der Aminosäure "Alanin" trägt die Eiweißverbindung nun die Aminosäure "Glyzin". Auf den ersten Blick ist das eine ganz unscheinbare Änderung.
Um die Funktion des veränderten Gens aufzuklären, schleusten die Wissenschaftler es in andere Zellen ein. Daraufhin zeigten diese Zellen krebstypische Veränderungen wie eine vermehrte Zellteilung sowie verstärkte Beweglichkeit.
"Unsere Beobachtungen zeigen, dass mutiertes PTEN krebsfördernd wirken kann", sagte Halaszovich. "Das war überraschend. Bisher nahm man an, dass Mutationen dieses Gens lediglich dazu führen können, dass es seine Funktion als Tumorhemmer verliert."
Derzeit laufen klinische Studien mit Wirkstoffen, die dem mutierten PTEN-Gen entgegenwirken. Die Tests könnten neue Behandlungsoptionen bei Prostatakrebs eröffnen, hoffen die Wissenschaftler.
Halaszovich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Neurophysiologie, das von Prof. Dr. Dominik Oliver geleitet wird. An der aktuellen Veröffentlichung sind neben Halaszovich, Oliver und weiteren Mitgliedern der Arbeitsgruppe auch Wissenschaftler der Stanford University sowie anderer US-amerikanischer Institutionen beteiligt. Die zugrunde liegenden Arbeiten wurden unter anderem durch den Sonderforschungsbereich 593 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie durch das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) gefördert.
pm: Philipps-Universität Marburg
Text 10956 groß anzeigen

www.marburgnews.de

© 2015 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg