10.09.2015 (fjh)
Sechs zweigeschossige Objekte in Holzbauweise sollen auf der Fläche der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge an der Umgehungsstraße in Cappel entstehen. Das erste Gebäude soll Anfang bis Mitte Oktober fertig sein. Darüber hat Oberbürgermeister Egon Vaupel am Mittwoch (9. September) in der öffentlichen Sozialausschusssitzung des Stadtparlaments informiert.
Damit wird eine wetterfeste Unterbringung für die geflüchteten Menschen in Marburg vor dem Einbruch der kalten Jahreszeit gesichert. Sie ersetzt die bisherigen Zelte. Die
Universitätsstadt Marburg hatte in den vorangegangenen Wochen aktiv mit Firmen vor Ort nach einer Lösung gesucht und sie gefunden.
Am Mittwochmorgen erhielt Vaupel die Zusage des Hessischen Finanzministeriums für das von der Stadt eingeholte Angebot eines in der Region ansässigen Unternehmens. Beim Camp in Cappel handelt es sich um eine Außenstelle des landesweit für die Erstaufnahme von Flüchtlingen zuständigen
Regierungspräsidiums Gießen (RP).
"Ich gehe davon aus, dass gerade jetzt der Auftrag erteilt wird", sagte Vaupel am Mittwochabend. "Ich bin sehr froh, dass diese Entscheidung von Finanzministerium und Regierungspräsidium (RP) so gefallen ist."
Man könne eine Erstaufnahmeeinrichtung in Zelten, die ohnehin eine absolute Notlösung war, gerade über die Wintermonate nicht menschenwürdig weiterführen, machte der Oberbürgermeister noch einmal deutlich. "Jetzt können gute Standards in wetterfesten Unterkünften geschaffen werden."
Darin sei er sich mit dem Regierungspräsidenten einig, berichtete Vaupel. Die Stadt Marburg hatte sich im Sommer auf Anfrage des RP kurzfristig bereiterklärt, als Übergangslösung einen Standort für Zelte der Erstaufnahme zur Verfügung zu stellen.
"Es ist aber eine Selbstverständlichkeit, der Aufgabenstellung und der Verantwortung nachzukommen, die zu uns geflüchteten Menschen auch unter menschenwürdigen Bedingungen unterzubringen", betonte Vaupel. "Es ist eine Aufgabenstellung, die uns nicht nur heute und morgen, sondern auch übermorgen beschäftigen wird."
Vaupel berichtete zugleich von vielen persönlichen Begegnungen mit den Menschen im Camp und richtete erneut den herzlichsten Dank an die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in Marburg, die durch ihren Einsatz das Willkommen für die Flüchtlinge zusammen mit der Stadt und anderen Organisationen erst möglich machten. "Die Menschen im Camp spüren das und sagen zur Hilfsbereitschaft: Marburg bedeutet Herz".
Die Stadt Marburg hat gleich in der Nachbarschaft zum Camp eine soziale Anlaufstelle für die Flüchtlinge mit Kinderbetreuung, Sprach- und Alltagstraining, Info-Hotline sowie Treffpunkt eingerichtet. Sie wird so rege angenommen, dass die Angebote bereits mehrfach ausgeweitet worden sind.
Mit den Unterkünften in Holzbauweise soll sich jetzt auch die Art der Unterbringung im Camp ändern. Statt der Großzelte werden dort Zimmer von 26 Quadratmetern mit eigenen Adressen entstehen. Geplant sei, vier Leute pro Zimmer unterzubringen.
Bei einer Belegung wie derzeit würden sich sechs Menschen ein Zimmer teilen. In Notzeiten fänden bis zu acht Menschen Platz. Das entspräche dann insgesamt 864 Plätzen am Standort in Cappel.
Die Häuser werden jedoch vorneherein so angeordnet, dass es künftig sowohl Rückzugsräume als auch Treffpunkte für die Menschen im Camp gibt, informierte Vaupel: "Es soll ein Quartiersgefühl statt Lagermentalität entstehen."
Der Oberbürgermeister kündigte an, dass in der nächsten Woche noch viele Details zu klären seien. Gleich danach lädt die Stadt die Bürgerinnen und Bürger erneut zu einer Informationsveranstaltung ein, um Auskunft zu geben.
So soll unter anderem die Zufahrt zum Camp von der Umgehungsstraße an die Straße "Im Rudert" verlegt werden. Ein Termin wird gesondert veröffentlicht.
Mit Stand von Freitag (4. September) lebten 636 Flüchtlinge in Cappeler Camp. Die Hilfsbereitschaft der Marburger ist unterdessen ungebrochen groß, wie die Flüchtlingskoordinatorin Gudrun Fleck-Delnavaz sowie die beiden für das Camp berufenen Ombudsleute am Mittwochabend berichteten. Bisher haben sich schon 750 Menschen in ihrer Freizeit an der Unterstützung der Flüchtlinge beteiligt.
Von Einem ist Vaupel fest überzeugt: "Das, was wir hier in Marburg gemeinsam machen und was Deutschland macht, das wird alles zurückkommen. Das ist keine Einbahnstraße."
pm: Stadt Marburg
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