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Partitur für Kriminalisten


Jan Seghers stellte seinen neuen Roman vor

24.01.2008 (jnl)
Was passiert, wenn jemand von seiner Vergangenheit eingeholt wird? Im Krimi-Genre geschieht dann meist Mord und Totschlag. Einen exquisiten Fall schildert "Partitur des Todes". So heißt der neue Kriminalroman von Jan Seghers alias Matthias Altenburg.
Der Marburger Literaturpreis-Träger von 1998 stellte sein erst vor wenigen Tagen erschienenes Werk am Mittwoch (23. Januar) im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) vor. Eingeladen worden war der bereits zum dritten Mal in Marburg vortragende Frankfurter Autor vom Verein "Strömungen - Kulturelle Aktion Marburg".
Aufbau-Arbeit lohnt sich eben doch. Wegen des großen Besucherandrangs von rund 120 Leuten gingen der TTZ-Cafeteria beinahe die Sitzplätze aus.
Wie nahezu immer bei Literatur-Veranstaltungen, bestand das Publikum zu zwei Dritteln aus Frauen. Vertreten waren alle Altersgruppen zwischen 20 und 80 Jahren. Am stärksten repräsentiert waren Leser um Mitte vierzig.
Altenburg hatte sich ein spezielles Lese-Manuskript zusammengestellt. Die Marburger Lesung war diesmal zugleich die Deutschlandpremiere mit seinem Kriminalroman.
Offen sprach er an, es könne "zu lang oder zu blutig" angelegt sein. Indes reagierten die Zuhörer ausgesprochen positiv auf die schnell Fahrt aufnehmende, spannende Schilderung der Ermittlungen und ihrer verzwickten Hintergründe.
Ausgangspunkt war das überraschende Auftauchen eines Manuskripts in Paris, das aus dem Nazi-Vernichtungslager Auschwitz herausgeschmuggelt worden war. Es enthielt neben einer Partitur des Komponisten Jacques Offenbach handschriftliche Notizen. Damit diese nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangen, schreckte ein hochbetagter Auftraggeber nicht vor schauderhaftesten Mordtaten zurück. Nebenbei war eine Journalistin in gleicher Sache zum Entführungsopfer geworden.
Das Team um den Frankfurter Hauptkommissar Robert Marthaler ermittelte in bewährter Weise. Elegant wechselte Seghers dabei von einem Handlungsstrang zum nächsten.
Eine lebhafte Fragerunde schloss sich an die einstündige Autorenlesung an. Woher die Grundidee für diesen Roman-Plot komme, wurde Seghers gefragt. Die Partitur war tatsächlich das "Samenkorn", gab der Autor an. Vor wenigen Jahren war ein realer Fund eines Manuskripts von Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" in Frankreich durch die Presse gegangen.
Da eines der Mordopfer am Frankfurter Untermainkai ein veritabler Staatssekretär war, mischte sich ein fiktiver hessischer Innenminister "Roland Wagner" in die Ermittlungen störend ein. Seghers wollte damit einmal das Stör-Potential für die kriminalpolizeiliche Arbeit aufzeigen. Sowohl die Medien als auch politisch motivierte Einflussnahmen führten zu unhaltbaren Behinderungen. "Ich gebe zu, dass ich auch die Rolle der sogenannten Tankstellen-Konnektion um Roland Koch mal einen Zipfel lüpfen wollte," bekannte Seghers.
Woher stamme der Realismus der beschriebenen Polizeiarbeit, wurde gefragt. Seghers verwies auf zahlreiche Gespräche mit Praktikern, einschlägige Lektüre sowie Feedback von Polizisten. Manchmal wiche er aber bewusst von allzu korrekten Darstellungen ab, damit dem Leser und dem Überraschungsmoment Gerechtigkeit geschehe.
Auch während des Schreibprozesses ändere sich natürlich seine Beziehung zu den dargestellten Figuren, sagte Seghers. "Sonst wären sie ja bloße Marionetten".
Der Bunker, in dem die entführte Journalistin gefangengehalten wurde, erwies sich nach Aussage des vitalen Frankfurters ebenfalls als ein reales Gebäude. Es handelt sich um das ehemalige Führer-Hauptquartier "Adlerhorst", das in der unmittelbaren Nachkriegszeit als US-Internierungslager unter anderem für Albert Speer diente.
Das Umschlag-Motiv stellte sich überraschend als Notlösung heraus, mit dem der Autor eher unglücklich ist. Das ursprünglich abgesprochene Grafik-Motiv war bereits von den Gestaltern des neuen Romans von Stephen King verwandt worden.
Matthias Altenburg hat offensichtlich in Marburg eine große Fangemeinde. Nach dieser Lesung wird sie voraussichtlich weiter wachsen.
Matthias Altenburg hat offensichtlich in Marburg eine große Fan-Gemeinde. Nach dieser bemerkenswerten Lesung wird sie voraussichtlich weiter wachsen.
Jürgen Neitzel
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