Logo: marburgnewsMobile Marburgnews

Zum Menü

Außergewöhnliche Arbeiten


Philipps-Universität vergab Promotionspreise

13.06.2015 (fjh)
Mit Promotionspreisen für das Jahr 2013 hat die Philipps-Universität sechs Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet. Die Ehrung erhielten sie am Freitag (12. Juni) aus den Händen des Uni-Vizepräsidenten Prof. Dr. Ulrich Koert.
Der Festakt bildete den Höhepunkt der Jahresversammlung des Marburger Universitätsbunds. Sie fand in der Aula der Alten Universität statt.
Koert überreichte Urkunden und Preisgelder an die Biologin Dr. Nadine Maria Bollig, den Mathematiker Dr. Heiko Grönitz, die Anglistin Dr. Astrid Lohöfer, den Chemiker Dr. Hendrik Martin Reinhardt sowie die Soziologin Dr. Veronika Schmid; für den Biologen Dr. Johannes Freitag nahm dessen Ehefrau Annette Freitag die Auszeichnung entgegen.
"Ihre Dissertationen belegen, dass Sie herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind", sagte Koert anlässlich der Preisvergabe. "Sie tragen zu der besonderen Forschungsstärke bei, die eine Volluniversität wie die unsere auszeichnet. Ich bin gespannt auf Ihren weiteren Werdegang."
Die Promotionspreise der Philipps-Universität werden seit 2005 in den vier Sektionen Biowissenschaften und Medizin, Philosophie und Kulturwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften sowie Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verliehen. Die Auszeichnung umfasst jeweils eine Urkunde, ein Preisgeld von 1.000 Euro und einen Füllfederhalter sowie ein Training zur Wissenschaftskommunikation. Der Preis in der Sektion Biowissenschaften und Medizin sowie Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wurde diesmal geteilt.
Bollig untersuchte in ihrer Doktorarbeit ein Genprodukt, das die Immunabwehr beeinflusst – insbesondere die Wechselwirkung zwischen zwei Zelltypen, die Antikörper produzieren: B-Zellen und T-Helferzellen. Im Tiermodell wies die Nachwuchswissenschaftlerin nach, dass der Transkriptionsfaktor IRF4 das wichtigste Protein ist, das Zellen dazu bringt, Antikörper gegen Krankheitserreger zu produzieren. Außerdem entwickelte die Biologin eine Methode, mit der sich Gene gezielt an- und abschalten lassen, so dass zeitlich begrenzte Genaktivitäten untersucht werden können. "Die dabei gewonnenen Erkenntnisse könnten von großem Interesse für zukünftige Therapiestrategien sein", erklärte die Preisträgerin.
Die Patentierung des Systems wird derzeit geprüft. "Es ist absehbar, dass dieses System einen sehr wesentlichen Beitrag zum Studium verschiedener primärer Zellen leisten kann", prognostiziert ein Gutachter. "Eine Arbeit, bei der in ähnlicher Weise so viel verschiedene Methoden angewendet werden, ist sicher sehr selten."
Bollig wurde 1980 in Koblenz geboren. Sie absolvierte zunächst im Saarland eine Ausbildung zur Biologielaborantin, ehe sie zum Studium der Biologie nach Marburg kam. Sie verfertigte eine Diplomarbeit bei Prof. Dr. Michael Lohoff am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Fachbereichs Medizin, an dem Sie auch als Doktorandin blieb. Derzeit ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Medizinischen Versorgungszentrum für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie Koblenz-Mittelrhein.
Freitag ging in seiner Doktorarbeit der Frage nach, wie Proteine an ihren Zielort innerhalb der Zelle gelangen. Der gebürtige Osthesse untersuchte das anhand spezialisierter Binnenräume der Zelle, die am Fettabbau beteiligt sind, den Peroxisomen.
Freitag fand eine Reihe von Enzym-Varianten, die einen Abschnitt enthalten, der das Peroxisom als Transportziel bestimmt. Das sei ähnlich wie ein Gepäckanhänger.
Offenbar werden die Moleküle in die Peroxisomen gebracht, obwohl sie für den Zuckerabbau zuständig sind. Bisher dachte man, Zuckerabbau finde ausschließlich außerhalb dieser Organellen statt.
"Die von Herrn Freitag erzielten Ergebnisse haben ein neues Feld eröffnet", konstatiert ein Fachkollege. "Damit hebt sich die Arbeit bereits deutlich vom normalen Standard ab."
Freitag wurde 1982 in Osthessen geboren. Er besuchte das Gymnasium in seiner Heimatstadt Fulda und studierte von 2002 bis 2008 Biologie an der Philipps-Universität. Sowohl seine Diplomarbeit als auch seine Dissertation verfertigte er bei Prof. Dr. Michael Bölker am Fachgebiet Genetik des Fachbereichs Biologie. Anschließend verbrachte er anderthalb Jahre als Postdoktorand bei der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt am Main, ehe er vor Kurzem an die Universität Berkeley in den USA wechselte.
Beschäftigen Sie Schwarzarbeiter? Haben Sie schon einmal Steuern hinterzogen oder Versicherungsbetrug begangen? Auf Fragen wie diese erhält man in Umfragen häufig keine Antwort, zumindest keine ehrliche.
Grönitz hat in seiner Doktorarbeit ein Verfahren entwickelt, mit dem man trotzdem verlässliche Informationen über solch heikle Fragen gewinnen kann: Er nennt die Methode das "Dialog-Modell".
"Obwohl man durch eine Datenerhebung gemäß Dialog-Modell von keinem Befragten den Wert des sensiblen Merkmals kennt, lassen sich trotzdem aus den beobachteten verschlüsselten Antworten Rückschlüsse auf die Verteilung des sensiblen Merkmals ziehen", erklärte der 30-jährige Preisträger. Grönitz Arbeiten seien "äußerst vielseitig, sehr anspruchsvoll und außerordentlich innovativ", lobt ein Gutachter, der auch die hochgradige Praxisrelevanz hervorhebt.
Grönitz wurde 1984 in Altenburg geboren. Er studierte Mathematik an der Universität Gießen und verfertigte nach Erlangung des Diploms eine Dissertation bei Prof. Dr. Karlheinz Fleischer in der Abteilung Statistik des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Philipps-Universität, wo er seit seiner Promotion als Wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt ist.
Wie sprachliche Gestaltung moderner Gedichte und ihre ethisch-politische Dimension voneinander abhängen, steht im Mittelpunkt der Dissertation von Lohöfer. Die Anglistin vertritt darin die These, dass die ethischen Implikationen moderner Dichtung unmittelbar an deren Sprachgebrauch geknüpft sind. Lohhöfer bezieht sich dabei auf das Konzept der Sprache als Möglichkeit zur Welterschließung und wendet es auf Gedichte des französischen Symbolismus sowie des kanadischen Modernismus an.
"Ziel der Arbeit ist es, sowohl ästhetisch-poetologische als auch ethisch-politische Dimensionen in den untersuchten Texten aufzuzeigen, die bislang unbeachtet geblieben sind", erklärte die Preisträgerin. "Die wesentliche Leistung der Arbeit besteht darin, dem Klischee der gesellschaftlich-ethischen Irrelevanz von Lyrik entgegenzuwirken", konstatiert ein Gutachter.
Lohöfer wurde 1981 geboren. Sie stammt aus Gießen. Sie studierte Englisch und Französisch auf Lehramt an der Philipps-Universität sowie an der Universität Nancy 2 und schloss eine binationale Promotion an, die von dem Marburger Anglisten Prof. Dr. Claus Uhlig und Prof. Dr. Claire Omhovère von der Universität Paul-Valerie Montpellier 3 betreut wurde. Lohöfer ist derzeit Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Philipps-Universität.
Selbstorganisation ist eine prägende Erscheinung der Natur. Reinhardts Doktorarbeit ist der Erforschung selbstorganisierender Prozesse gewidmet, die er an einem alltäglichen Material untersuchte: an Edelstahl.
Dem Chemiker gelang es, durch gezielte Stimulation mit Laserstrahlen hochgeordnete Strukturen zu erzeugen. Diese Herangehensweise ermöglicht es, die Oberflächeneigenschaften des Metalls nach Wunsch zu verändern. Das geschieht so einfach und effizient wie nie zuvor, egal, ob es sich um optische, elektrische, magnetische oder chemische Eigenschaften handelt. Viele der beschriebenen Effekte setzte der Nachwuchswissenschaftler modellhaft um. "Die Verbindung von Grundlagenforschung und einem Blick für ihre Anwendbarkeit ist hier mustergültig demonstriert worden", heißt es in der Begründung für die Auszeichnung.
Reinhardt wurde 1980 in Dresden geboren. In den Jahren 2002 bis 2006 studierte er Chemie an der Philipps-Universität und schloss das Studium mit einer Diplomarbeit ab, die in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Norbert Hampp am Fachbereich Chemie der Philipps-Universität entstand. Dort fertigte Reinhardt auch seine Doktorarbeit an. Derzeit ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Chemie beschäftigt.
Schmid hat eine Studie über die Ursachen von Vorurteilen vorgelegt. Darin entwickelt die Soziologin ein Modell, das die Neigung zu Vorurteilen gegenüber Minderheiten ebenso erklärt wie die Entstehung der Einstellung, dass man an den gesellschaftlichen Verhältnissen eh nichts ändern könne. Um das Konzept auf seine Plausibilität zu prüfen, führte Schmid mehrere empirische Untersuchungen durch, zum Beispiel telefonische Befragungen und Gruppendiskussionen.
"Die Studien zeigen, wie sehr eine einseitige Orientierung am Bestehenden die Demokratiefähigkeit unserer Gesellschaft schädigt und zur Abwertung von Minderheiten beiträgt", erklärte die Nachwuchswissenschaftlerin. "Die Arbeit trägt die klare Handschrift einer ungewöhnlich ausgereiften Forscherpersönlichkeit", urteilt ein Gutachter.
Schmid stammt aus Frankfurt am Main, wo sie auch studierte. Sie absolvierte die Magisterstudiengänge Soziologie und Anglistik an der Goethe-Universität, die sie im Jahr 2005 abschloss. Anschließend fertigte sie ihre soziologische Doktorarbeit bei Prof. Dr. Mathias Bös am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie der Philipps-Universität an. Derzeit ist Schmid Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Marburger Institut für Soziologie.
pm: Philipps-Universität Marburg
Text 10588 groß anzeigen

www.marburgnews.de

© 2015 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg