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Im Test


Neuartiger Bus bedient Oberstadt und Schloss

01.04.2015 (fjh)
Einen "aufblasbaren" Bus testen die Stadtwerke Marburg (SWM) ab Mittwoch (1. April) in ihrem Stadtliniennetz. Das elf Meter lange Fahrzeug ist in seiner Breite verstellbar. Damit kann es sich den schmalen Straßen in der historischen Oberstadt anpassen.
Bislang haben die SWM auf den Buslinien durch die Oberstadt kleinere Busse eingesetzt. Das jedoch führte zugleich auch zu einer Begrenzung der Fahrgastkapazitäten auf der Schlosslinie sowie den Fahrten in die westlichen Stadtteile.
Der neue Bus hingegen hat die Größe eines normalen Stadtbusses. Wird die Straße für seine Breite von 2,50 Metern aber zu eng, so kann der Fahrer den Wagen durch einen einzigen Tastendruck elektrisch zum Schrumpfen bringen. Automatisch verringert der Bus seine Breite dann auf nur noch 2,35 Meter.
Erreicht wird das durch eine neuartige Technologie auf der Basis modernster Forschung. Grundlage dafür ist eine Studie, die Wissenschaftler der Philipps-Universität am 1. April 2012 veröffentlicht haben.
Alle Bauteile des Busses sind aus einem danach speziell entwickelten Material gefertigt. Dank der Verwendung neuester Erkenntnisse der Nanophysik können elektronische Impulse dieses Material so stimulieren, dass es seine Ausdehnung verringert oder vergrößert.
Dabei ermöglicht die Nanotechnologie eine präzise Kontrolle der Anfangs- und Zielausmaße. Ebenso gewährleistet sie, dass der Ausdehnungs- oder Schrumpfungsprozess innerhalb von zwei Sekunden nahezu unmerklich stattfindet.
Tatsächlich mit Luft aufblasbar sind bei diesem Bus deshalb nur die Sitzpolster. Sie allerdings stellen derzeit noch das größte Problem der neuen Anwendung dar. Schließlich werden sie in der Regel während der Fahrt aufgeblasen oder zusammengefaltet.
Auf die Fahrgäste wirkt das ungewohnte Zischen beim Zusammenfalten der Polsterung ebenso erschreckend wie das plötzliche Anwachsen der Sitzfläche unter ihrem Po. Vor allem bei der Verringerung der Sitzfläche verlieren manche auch den Halt, weswegen die Größenänderung nicht während einer Kurvenfahrt erfolgen darf. Zur Sicherheit hat der Hersteller Neopran die Umschaltung an eine Abfahrtssperre gekoppelt, die ein Betätigen während der Fahrt völlig verhindert.
Trotzdem schwärmen die Ingenieure der Stadtwerke Marburg schon vor den ersten Testfahrten im Linieneinsatz von der neuen Technik. Sie sind davon überzeugt, dass sich die Fahrgäste schnell an die neuen Gepflogenheiten im Abmagerungs-Bus gewöhnen werden. Schließlich sei das "Kneeling" der Busse beim Absenken hinab zur Bordsteinkante nach gut 25 Jahren Alltagspraxis auch kein Thema mehr.
Die SWM erwägen sogar, Busse dieser Bauart auch auf anderen Linien einzusetzen als denen in der engen Oberstadt. Schließlich kann der Fahrer den Bus auch dann zum Schrumpfen bringen, wenn die Fahrbahn von Falschparkern versperrt oder durch Baustellen eingeengt ist. Das könnte Verspätungen verringern und letztlich vielleicht sogar Fahrpersonal einsparen.
Den zusätzlichen Anschaffungspreis von derzeit noch 88.000 Euro würde eine Großserienfertigung nach Berechnungen des Herstellers auf nur mehr 11.000 Euro drücken. Angesichts des Grundpreises für Stadtbusse und der erhofften Einsparungen bei Personal und Kraftstoff könne sich dieser Aufpreis innerhalb weniger Jahre amortisieren. Hinzu komme möglicherweise auch eine Platzersparnis im Betriebshof, wenn eine größere Flotte von "Gummibussen" dort nur in abgemagertem Zustand abgestellt wird.
Hochinteressant finden die SWM auch eine Anfrage der Marburger Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Therapeuten überlegen, ob sie den neuen Bus nicht auch bei der Behandlung von Magersüchtigen einsetzen könnten. Eine Busfahrt hinauf zum Landgrafenschloss würde ihren Patientinnen und Patienten deutlich vermitteln, dass es nur mit zunehmender Breite aufwärts geht.
Franz-Josef Hanke
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