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Woyzeck


Inszenierung von Leander Hausmann beim Berliner Ensemble

03.01.2015 (fjh)
Das Fragment "Woyzeck" von Georg Büchner gehört zu den meistgespielten Stücken auf deutschsprachigen Bühnen. Für das Berliner Ensemble (BE) hat Leander Hausmann das 1897 veröffentlichte Drama mit viel Musik und Humor inszeniert. Beim Hessischen Landestheater Marburg läuft in der gleichen Spielzeit eine Musical-Adaption von Robert Wilson mit Musik von Tom Weights.
Hausmann ist bekannt geworden durch seine DDR-Komödie "Sonnenallee". Bei Slapstick-Szenen ist der Regisseur voll in seinem Element. Allerdings passte diese Herangehensweise nicht immer zum eher nachdenklich stimmenden Stoff Büchners.
Franz Woyzeck liebt die schöne Marie. Ihr gemeinsamer Sohn Christian ist knapp ein Jahr alt.
Da Woyzeck kein Geld hat, macht Marie dem Tambormajor schöne Augen. Sie hofft, dadurch der Armut zu entrinnen.
Woyzeck macht das wütend. Vor lauter Verzweiflung verliert er schier den Verstand.
Hausmanns Inszenierung beginnt eher heiter. Viel Musik dehnt die Handlung anfangs unnötig in die Länge. Dazwischen hat der Regisseur Slapstick-Nummern eingestreut, die das Publikum im Theater am Schiffbauerdamm immer wieder zum Lachen bringen.
Allmählich gewinnt dann aber doch der Ernst Oberhand in der Geschichte. Die Musikeinspielungen werden seltener und der Ton dramatischer und verzweifelter.
Mehrmals marschieren Soldaten über die Bühne. Ihr rhythmisches Getrampel im Gleichschritt nimmt mehr und mehr einen bedrohlichen Charakter an.
Auch die Musik verändert sich. Aus Hardrock wird Klassik.
Am Ende steht Woyzeck vollkommen nackt auf der Bühne. Seine geliebte Marie hat er getötet und sein eigenes Leben vertan. Geblieben ist ihm buchstäblich nichts.
Den herausragenden Leistungen aller Schauspieler des BE entspricht Hausmanns Regiearbeit leider nicht ganz. Mitunter ist sie zu selbstverliebt und zu wenig einfühlsam. Am Ende schafft Hausmann dann aber doch noch die Kurve und hinterlässt sein Publikum nachdenklich.
Manchen mag die moderne Adaption überhaupt erst ins Theater locken oder motivieren, der Darbietung gute 90 Minuten lang ohne Pause zu folgen. Ob die Inszenierung allerdings den Vorstellungen des sozialkritischen Autors entspricht, kann man durchaus bezweifeln.
Sowohl Hausmanns Version als auch der von Wilson fehlt merkwürdigerweise Büchners Kernsatz. Darin wirft der Autor seine Motivation zur Ausarbeitung des Stücks als philosophische Frage auf: "Was ist es, das in uns stiehlt, hurt und mordet?"
Franz-Josef Hanke
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