11.12.2014 (mok)
Den Frauenförderpreis 2014 der
Philipps-Universität haben die Diplomingenieurin Kirstin Baum und die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Ingrid Kurz-Scherf am Donnerstag (11. Dezember) in der Alten Aula erhalten. Ausgezeichnet wurden sie von der Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause.
Baum und Kurz-Scherf wurden für ihre besondere Förderung von Studentinnen, nichtwissenschaftlichen oder wissenschaftlichen Beschäftigten in Studium, Beruf, Forschung und Lehre ausgezeichnet. Damit verbunden ist ein Preisgeld von 1.250 Euro pro Person.
In der Begrüßung erinnerte die Frauenbeauftragte Dr. Silke Lorch-Göllner an die Arbeit der "Kommission für Frauenförderung und Frauenforschung", die sich in den 80er Jahren im Vorfeld des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG) von 1994 an der Universität gegründet hatte. Im Jahr 1987 habe der prozentuale Anteil der Frauen bei den Professuren bei 3,9 Prozent gelegen. Heute seien es rund 25 Prozent.
Nur eine Frau habe damals eine der höchst dotierten Professuren innegehabt. Heute seien es ungefähr 19 Prozent.
Bei den Promovierenden seien damals 19,4 Prozent Frauen gewesen. Heute dagegen promovierten insgesamt genauso viele junge Frauen wie Männer.
"Dennoch ist noch viel zu tun, um den Verfassungsauftrag der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen umzusetzen" sagte Lorch-Göllner.
Daran knüpfte Dr. Andrea-Sabine Jacobi in ihrem Vortrag "20 Jahre Hessisches Gleichberechtigungsgesetz – Perspektiven und Herausforderungen" an. Die Leiterin der Stabstelle Frauenpolitik im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration betonte die unentbehrliche Rolle dieses Gesetzes für die Durchsetzung der Geschlechtergerechtigkeit im öffentlichen Dienst in Hessen. Sie freute sich über messbare Fortschritte, wenn auch das Ergebnis noch nicht ganz zufriedenstellend sei.
"Wir stellen eine Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern fest",sagte Jacobi. "Zusätzlich gibt es eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und eine Beseitigung der bestehenden Unterrepräsentanz von Frauen im öffentlichen Dienst."
Die Universitätspräsidentin freute sich in ihrer Begrüßung darüber, dass mit den beiden Preisträgerinnen zwei Frauen in unterschiedlichen Phasen ihrer wissenschaftlichen Laufbahn und aus unterschiedlichen Fächerkulturen ausgewählt worden seien. In den - bei Frauen unterrepräsentierten - Fachgebieten Ingenieurwissenschaften und Physik engagiert sich Baum.
Sie wurde ausgezeichnet für ihr Konzept, mit den Summer Schools "Get ahead with Optics" 2012 und 2013 tunesische und deutsche Nachwuchswissenschaftlerinnen in dem anspruchsvollen Arbeitsgebiet der bildgebenden Verfahren für eine Karriere in Wissenschaft und angewandter Forschung fit zu machen, erläuterte Laudatorin Dr. Ute Kämper.
"Es ist bei weitem nicht selbstverständlich, dass Promovierende bei internationalen Drittmittelgebern Gelder von mehr als 50.000 Euro pro Summer School einwerben", sagte Kämper. "Und es ist beachtenswert, wenn ein solches Projekt mit viel Engagement, Liebe und auch mit sehr hohem Qualitätsanspruch konzipiert, erkämpft und realisiert wird".
In ihrer Preisrede berichtete Baum von ihrer Motivation, eine solche Veranstaltung zwischen Deutschland und Tunesien anzusiedeln, wo seit der Revolution der Frauenanteil in der Wissenschaft relativ hoch sei. "Viele tunesische Wissenschaftlerinnen haben ihren Weg gefunden, den Spagat zwischen Beruf und Familie zu machen", sagte Baum. "Sie dienen als Identifikationsfiguren in der Frage, was Frauen in der Wissenschaft mitbringen müssen und welche Verhaltensstrukturen von ihnen erwartet werden".
Die zweite Preisträgerin Kurz-Scherf ist Politikwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt "Politik und Geschlechterverhältnisse". Der studierten Wirtschaftswissenschaftlerin sei es zu verdanken, dass die bis heute noch längst nicht selbstverständliche Auseinandersetzung mit feministischer Theorie und Praxis in der Lehre des Marburger Fachbereichs sogar im Pflichtprogramm der Bachelor-Ausbildung der Politikwissenschaft fest verankert worden sei, hob Laudatorin Prof. Dr. Maria Funder hervor. "Letztendlich haben all die profunden, von ihr initiierten und mitgetragenen Kooperations- und Vernetzungstätigkeiten einen gewichtigen Beitrag zur Profilbildung der Marburger Arbeits- und Geschlechterforschung geleistet", sagte Funder. Zusätzlich habe sie dafür gesorgt, dass die Bedeutung von feministischer Arbeitsforschung und Politikwissenschaft sowie vor allem die spezifischen Marburger Perspektiven und Kompetenzen in diesem Feld weit über die Universität hinaus bekannt wurden.
"Zur Frauenförderung gehören in der Universität nicht nur das Personaltableau der Wissenschaft, sondern auch die inhaltlichen Angebote an geschlechtssensibler Forschung und Lehre", legte Kurz-Scherf in ihrer Preisrede dar. Frauenförderung und feministische Wissenschaft seien durchaus verschiedene Terrains; aber aus ihrer Sicht griffen sie eng ineinander– auch wenn sich daraus auch durchaus Spannungen ergeben könnten. Vor diesem Hintergrund unterstrich sie die Bedeutung des von ihr mitgetragenen Zentrums für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung, da es entscheidend dazu beitrage, den interdisziplinären Dialog über auch tatsächlich disziplinübergreifende Gender-Fragen neben der Forschung auch in der Lehre zu etablieren.
Die Philipps-Universität vergibt seit 1998 ihren Frauenförderpreis, der mit 2.500 Euro dotiert ist. Alle zwei Jahre soll die Auszeichnung hervorragende Verdienste von Mitgliedern, Angehörigen oder Ehemaligen der Philipps-Universität um die Förderung von Frauen in der Hochschule würdigen. Frauenförderung im Sinne des Preises umfasst die besondere Förderung von Studentinnen, nichtwissenschaftlichen oder wissenschaftlichen Beschäftigten in Studium, Beruf, Forschung und Lehre, die darauf hinwirkt, dass Frauen in einer bisher von Männern dominierten Umgebung besser Fuß fassen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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