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Europäisches Erlebnis


Werte-Debatte in der Alten Aula

04.12.2014 (mok)
"Ich glaube, die Krise, die wir derzeit in Europa erleben, ist zuallererst eine Kriese des Vertrauens", sagte Finanzminister Dr. Thomas Schäfer am Mittwoch (3. Dezember) an der Philipps-Universität. "Nicht die Idee Europa wird in Frage gestellt, sondern vielmehr die praktische Umsetzung dieser Idee."
Das Hessische Finanzministerium und die Philipps-Universität hatten in die Alte Aula eingeladen. Dort wollten sie über die Zukunft der Europäischen Union (EU) und die Werte diskutieren, die den europäischen Einigungsprozess begleiten.
"Europäische Politik muss transparent, glaubwürdig und berechenbar sein, um von den Menschen akzeptiert zu werden", sagte Schäfer. "Darüber hinaus müssen wir uns intensiv mit der Frage auseinandersetzen, welchen Grundkonsens an Werten die verschiedenen Nationalitäten in Europa zukünftig miteinander teilen."
Nur ein belastbares Mindestmaß an gemeinsamen Werten schaffe Akzeptanz und Identifikation mit der EU. Das wiederum sei Voraussetzung für eine gelebte Solidarität unter den Völkern.
Mehr öffentlicher Dialog - aber auch mehr Wertschätzung gegenüber dem bisher Erreichten - sei nötig. Darüber waren sich alle Gesprächspartner einig.
"Die Europäische Union wurde auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges gegründet", sagte die Universitä"tspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause. "Sie steht für ein einzigartiges Friedensprojekt, das diesem Kontinent – und vor allen Dingen Deutschland – nicht nur Wohlstand, sondern auch Freiheit und die Achtung demokratischer Grundsätze gebracht hat."
Die Universitäten in Europa haben als Brückenbauer dazu wesentliche Beiträge geleistet. Neben Schäfer und Krause diskutierten Bischof Prof. Dr. Martin Hein von der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) sowie Bundesbank-Abteilungsleider Dr. Manfred Scheuer.
"Die wirtschaftlichen Vorteile der EU liegen klar auf der Hand", sagte Scheuer. "Mit dem Euro als gemeinsamer Währung wurde die Integration am weitesten vorangetrieben". Ihr dauerhafter Erfolg setze aber auch eine gemeinsame und gelebte Stabilitätskultur voraus.
Die EU stehe auch für die Liberalisierung des Personen- und Kapitalverkehrs sowie für den Abbau von Hemmnissen im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr. Dadurch ergäben sich im Alltag klare Vorteile für Unternehmen und Bürger, kommentierte Scheuer.
Bischof Hein betonte besonders den sozialen Aspekt: "Politik hat die Aufgabe, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen". Das gelte auch für Brüssel. Die Angst vor einem entfesselten Kapitalismus und die noch nicht beantworteten Fragen der aktuellen Flüchtlingsproblematik seien zwei Beispiele, die anschaulich zeigen, dass die Konfliktlagen in Europa sich nur durch eine wertorientierte Politik lösen ließen, die den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt der politischen Entscheidungen stelle.
Das "Projekt Europa" und seine Umsetzung sei heute deutlich in allen gesellschaftlichen Bereichen zu spüren. Das gelte auch für den Wissenschaftsbereich, betonte Krause: "In einem Spannungsfeld zwischen der Idee von Europa und der praktischen politischen und ökonomischen Umsetzung bewegt sich auch die Philipps-Universität, deren Lehrende und Studierende aus aller Welt kommen, nicht nur aus dem Europäischen Hochschulraum. "
Die Diskussion über Europa und ihre Werte sei an diesem Ort besonders gut bei den jungen Menschen aufgehoben. Sie müssten entscheiden, in welchem Europa sie künftig leben möchten.
Die Notwendigkeit eines intensiven öffentlichen Diskurses griff auch Hessens Finanzminister auf. "Wenn wir darüber sprechen, was genau Europa ausmacht oder zukünftig ausmachen soll, dann geht es immer auch um die Werte, die ein jeder von uns in diese große Gemeinschaft miteinbringt", sagte Schäfer. "Deshalb freue ich mich sehr, dass es uns gelungen ist, diese Veranstaltung auf die Beine zu stellen, denn wir brauchen dringend mehr öffentlichen Dialog darüber, wie wir Europa in Zukunft bauen wollen."
pm: Philipps Universität Marburg
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